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Was hat Eurostat damit zu tun?


Präsentation des EPEC-Eurostat-Leitfadens für die statistische Behandlung von ÖPP
Was ist eine öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP) im Sinne von Eurostat?



EU-Kommissarin Marianne Thyssen und Jan Vapaavuori, Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank (EIB), haben in Brüssel einen neuen Leitfaden für die statistische Behandlung von öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP bzw. PPP) vorgestellt. Investitionen tragen entscheidend zur Förderung von Wirtschaftswachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen bei. Neuere Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass die Investitionstätigkeit in Europa das Vorkrisenniveau noch nicht wieder erreicht hat. Im Rahmen der Investitionsoffensive für Europa wurde der Europäische Fonds für strategische Investitionen (EFSI) eingerichtet, um mit öffentlichen Mitteln (EU-Mittel, ergänzt durch Gelder der Mitgliedstaaten) private Investitionen anzukurbeln und durch die Verringerung der Investitionslücke in der EU einen Anreiz für wirtschaftliches Wachstum zu schaffen.

Was ist das Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG 2010)?
Das Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG 2010) ist ein EU-Regelwerk zur Rechnungslegung, das eine systematische und detaillierte Beschreibung einer Volkswirtschaft ermöglicht. Die Struktur des ESVG 2010 entspricht den weltweit geltenden Regeln des System of National Accounts (SNA 2008) für nationale Volkswirtschaften. Das ESVG 2010 ist ein Rechtsakt in Form einer Verordnung, die von allen Mitgliedstaaten angenommen wurde. Die Konzepte und Begriffsbestimmungen der fiskalischen Indikatoren (Defizit und Verschuldung) des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (VÜD) und des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP) beruhen auf dem Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG 2010).

Wie werden Investitionen im Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG 2010) erfasst?
Im Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG 2010) werden Investitionen als Bruttoanlageinvestitionen und somit als Ausgaben erfasst, die sich auf das Haushaltsdefizit oder den Haushaltsüberschuss der Mitgliedstaaten auswirken.

Auch in allen anderen Rechnungslegungssystemen werden Investitionen als Ausgaben behandelt.

Was ist eine öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP) im Sinne von Eurostat?

Öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) sind langfristige vertragliche Vereinbarungen zwischen der öffentlichen Hand (als Auftraggeber) und einem (privaten) Partner, meist im Zusammenhang mit Infrastrukturvorhaben. Der Partner ist für den Bau, den Betrieb und die Erhaltung der Infrastruktur zuständig, mit der bestimmte Dienste für die Öffentlichkeit erbracht werden sollen. Für die erhaltenen Dienstleistungen leistet die öffentliche Hand nach der Herstellung des betreffenden Vermögenswerts regelmäßige Zahlungen an den nicht öffentlichen Partner.

Warum sind öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) im Kontext des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit wichtig?
Bauvorhaben im Rahmen von ÖPP-Verträgen müssen finanziert werden und begründen daher Verbindlichkeiten oder Schulden der öffentlichen Hand. Die Finanzierung kann – muss aber nicht – im öffentlichen Haushalt verbucht werden. Je nach Rechnungslegung kann sie sich also auf öffentliche Verschuldung auswirken.

Bei der (bilanzwirksamen) Verbuchung eines Vermögenswerts im öffentlichen Haushalt wird die Ausgabe der öffentlichen Hand in voller Höhe über die gesamte Bauzeit erfasst. Dies wirkt sich nachteilig auf das öffentliche Defizit bzw. den öffentlichen Überschuss aus, und die öffentliche Verschuldung erhöht sich entsprechend.

Wird der Vermögenswert im öffentlichen Haushalt nicht erfasst (bilanzunwirksam verbucht), beschränken sich die Auswirkungen auf das öffentliche Defizit auf die regelmäßigen Zahlungen an den Partner für die erbrachte Dienstleistung. Diese Zahlungen verteilen sich über die lange Laufzeit des Vertrags, und Auswirkungen auf die Verschuldung sind nicht zu verzeichnen.

Durch die Möglichkeit der bilanzunwirksamen Verbuchung sind ÖPP im Hinblick auf Investitionen sehr attraktiv, da die öffentliche Hand einerseits investieren und andererseits die im Maastricht-Vertrag festgelegten Verschuldungs- und Defizitgrenzen einhalten kann.

Unter welchen Umständen braucht eine ÖPP nicht im öffentlichen Haushalt verbucht zu werden?
Damit ÖPP nicht im öffentlichen Haushalt erfasst zu werden brauchen, müssen bestimmte Voraussetzungen gegeben sein. Die Risiken und Chancen müssen größtenteils beim privaten Partner liegen. Bei ÖPP werden im Wesentlichen drei Risiken analysiert:

>> Baurisiko: z. B. verspätete Lieferung, Nichteinhaltung vorgegebener Standards und Kostensteigerungen usw.;
>> Nachfragerisiko: z. B. intensivere oder geringere Nutzung des Vermögenswertes als erwartet;
>> Ausfallrisiko: z. B. eingeschränkte Gebrauchstauglichkeit des Vermögenswertes aufgrund eines schlechten Managements.

Außerdem konzentriert sich die Analyse auf besondere Bestimmungen, die sich auf die Verteilung von Risiken und Chancen in einer ÖPP auswirken können (beispielsweise Bestimmungen über die öffentliche Finanzierung, öffentliche Garantien, Kündigungsklauseln und Bestimmungen über die Aufteilung der Vermögenswerte nach Vertragsende). Zudem muss sichergestellt werden, dass der Partner – für statistische Zwecke – nicht dem öffentlichen Sektor zugerechnet wird. Dieser Aspekt wird in dem von Eurostat und vom Europäischen PPP-Kompetenzzentrum (EPEC) gemeinsam erarbeiteten "Leitfaden für die statistische Behandlung von ÖPP" eingehend behandelt.

Wer entscheidet über die Einstufung eines gemäß einem ÖPP-Vertrag geschaffenen Vermögenswerts?
Die nationalen statistischen Ämter (NSÄ) der Mitgliedstaaten analysieren ÖPP-Verträge und entscheiden über ihre Einstufung in Sektoren nach den statistischen Regeln des ESVG 2010, nach dem Eurostat Manual of Government Deficit and Debt (MGDD) zur Umsetzung des ESVG 2010 und nach den Eurostat-Leitfäden. Seit dem 29. September 2016 gelten außerdem die Erläuterungen der statistischen Vorschriften des von Eurostat und vom Europäischen PPP-Kompetenzzentrum (EPEC) gemeinsam erstellten Leitfadens für die statistische Behandlung von ÖPP.

Was hat Eurostat damit zu tun?
In Zweifelsfällen können die nationalen statistischen Ämter Eurostat um eine "Ex-ante Beratung" ersuchen, solange eine vorgesehene Maßnahme noch nicht ausgeführt wurde, bzw. um eine "Ex-post-Bewertung" bitten, wenn Zweifel hinsichtlich der statistischen Behandlung bereits verbuchter Transaktionen bestehen. Eurostat übermittelt die Bewertungen in Form eines Schreibens an die Mitgliedstaaten. Anschließend wird die Beratung vollständig oder in Kurzfassung auf der Eurostat-Website veröffentlicht.

Wie unterscheidet Eurostat zwischen einer ÖPP und einer Konzession für den Bau von Infrastrukturvermögen?
Bei einem ÖPP-Vertrag finanziert hauptsächlich der Staat die Einnahmen des Partners (z. B. durch eine Schattenmaut, die er für die Nutzung einer Autobahn entrichtet, oder durch Zahlungen für die Bereitstellung einer Schule). Bei einem Konzessionsvertrag bezieht der Partner seine Einnahmen aus einem Vorhaben größtenteils aus Zahlungen durch die Endnutzer (und nicht vom Staat) (beispielsweise durch die Mautgebühren der Nutzer einer Autobahn).

Worin besteht der wesentliche Vorteil des Leitfadens für die öffentliche Hand, die trotz Sparzwängen Investitionen in öffentliche Infrastrukturhaben vornehmen muss und dazu ÖPP in Betracht zieht?
Die öffentliche Hand verschiebt manchmal Investitionen in ÖPP, weil nicht klar ist, ob ihre ÖPP bilanzwirksam verbucht werden oder nicht und ob sie das Staatsdefizit und die Staatsverschuldung nach dem Maastricht-Vertrag erhöhen. Anhand des Leitfadens soll sich die öffentliche Hand vorab (d. h. frühzeitig noch während der Vorbereitung eines Vorhabens) über die möglichen Auswirkungen ihrer ÖPP-Vorhaben auf den öffentlichen Haushalt informieren. Eine bessere Kenntnis der statistischen Behandlung soll dazu beitragen, unnötige Verzögerungen bei der Vorbereitung von Vorhaben und unnötige Stornierungen von Vorhaben in der Beschaffungsphase zu verhindern.

Geht die EIB nach der Veröffentlichung des Leitfadens und angesichts der positiven Auswirkungen für ÖPP davon aus, dass sie in Zukunft mehr ÖPP-Vorhaben finanzieren wird?
Die Europäische Investitionsbank (EIB) vergibt in erheblichem Umfang Kredite an ÖPP in EU-Mitgliedstaaten (in den letzten fünf Jahren mehr als 11 Mrd. EUR). Die Aufgabe der EIB beschränkt sich jedoch nicht auf Finanzierungen. Das Europäische PPP-Kompetenzzentrum (EPEC) ist einer der Beratungsdienste der EIB. Gemeinsam mit den Mitgliedstaaten setzt es sich für die Förderung bewährter Verfahren und für den Kapazitätsaufbau im öffentlichen Sektor ein und berät bei der Vorbereitung herausragender ÖPP-Vorhaben. Die Angebote des EPEC sind über die Europäische Plattform für Investitionsberatung (European Investment Advisory Hub, EIAH) zugänglich. Diese Plattform wurde im Rahmen der Investitionsoffensive für Europa als zentrale Anlaufstelle für vielfältige Beratungsdienste eingerichtet und vermittelt Interessenten an Stellen, bei denen die besten Fördermöglichkeiten für die jeweiligen Erfordernisse gegeben sind.

Möglicherweise werden künftig ÖPP-Programme freigegeben, weil die Regeln im Leitfaden besser erläutert werden und Sicherheit vermittelt wird. Die EIB setzt sich für die Finanzierung sämtlicher ÖPP-Vorhaben aufgrund dieser Programme ein. Ob ein ÖPP-Vorhaben bilanzwirksam zu verbuchen ist, kann durch Beratung und technische Hilfe der EIB nicht geklärt werden. Der Leitfaden soll jedoch eine bessere Planung und Vorbereitung von ÖPP ermöglichen und damit zu einer Steigerung der Qualität und zur rascheren Umsetzung von Vorhaben beitragen. Dies sind wichtige und positive Entwicklungen, die mit Sicherheit eine stärkere Kreditvergabe der EIB an ÖPP bewirken werden. (Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 08.10.16
Home & Newsletterlauf: 04.11.16



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