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Verstoß gegen das EU-Kartellrecht


Europäische Kommission verhängt dritte Milliardenstrafe gegen Google – dieses Mal wegen Missbrauchs der Marktmacht bei Suchmaschinen-Werbung
Konkurrenten hatten keine Möglichkeit, in einen leistungsbezogenen Wettbewerb zu Google zu treten



Die Europäische Kommission hat wegen eines Verstoßes gegen das EU-Kartellrecht eine Geldbuße in Höhe von 1,49 Mrd. Euro gegen Google verhängt. Das Unternehmen missbrauchte seine marktbeherrschende Stellung, indem es durch restriktive Klauseln in Verträgen mit Websites Dritter verhinderte, dass Wettbewerber Werbeanzeigen auf diesen Websites platzieren konnten. "Google zementierte seine beherrschende Stellung im Bereich der Suchmaschinenwerbung und schützte sich vor Wettbewerbsdruck, indem es für Websites Dritter wettbewerbswidrige vertragliche Beschränkungen einführte", sagte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Bereits 2017 hatte Google wegen der Vorzugsbehandlung seines Preisvergleichsdienst eine Milliardenstrafe bekommen, 2018 wegen illegaler Praktiken bei Android-Mobilgeräten zur Stärkung der beherrschenden Stellung der Google-Suchmaschine.

Zum aktuellen Fall sagte Vestager: "Die schädlichen Verhaltensweisen von Google erstreckten sich auf einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren. Google nahm anderen Unternehmen die Möglichkeit, in einen Leistungswettbewerb zu treten und Innovationen vorzunehmen, und den Verbrauchern entgingen die Vorteile aus dem Wettbewerb."

Websites z. B. von Zeitungen, Blogs oder Reiseportale bieten häufig eine Suchfunktion an. Führt ein Nutzer darüber eine Suchanfrage durch, erscheinen sowohl Suchergebnisse als auch Werbeanzeigen.

Google bietet den Betreibern von "Publisher"-Websites über ihren Dienst AdSense for Search Werbeanzeigen an. Dabei übernimmt Google als Vermittler zwischen Werbetreibenden und Eigentümern der Websites, die die Flächen um ihre Suchergebnisse herum kommerziell nutzen möchten, die Rolle eines Anzeigenmaklers. AdSense ist folglich eine Online-Vermittlungsplattform für Suchmaschinenwerbung.

Google war von 2006 bis 2016 mit einem Marktanteil von über 70 Prozent mit Abstand der größte Vermittler von Suchmaschinenwerbung im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). 2016 lag der Marktanteil von Google auch auf den nationalen Märkten für allgemeine Internet-Suchanfragen im Allgemeinen bei über 90 Prozent und auf den meisten nationalen Märkten für Suchmaschinenwerbung, auf denen Google mit seinem bekanntesten Produkt, der Google-Suchmaschine, präsent ist, bei über 75 Prozent.

Wettbewerbern im Bereich der Suchmaschinenwerbung, wie z. B. Microsoft und Yahoo, ist es nicht möglich, Werbeflächen auf den Ergebnisseiten der Google-Suchmaschine zu verkaufen, sodass Websites Dritter für diese alternativen Vermittler von Suchmaschinenwerbung eine wichtige Möglichkeit darstellen, zu expandieren und mit Google zu konkurrieren.

Die Vermittlung von Suchmaschinenwerbung durch Google an die unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten wichtigsten Publisher erfolgte im Rahmen individuell ausgehandelter Vereinbarungen. Die Kommission hat im Verlauf ihrer Untersuchung Hunderte solcher Vereinbarungen geprüft und ist zu folgenden Ergebnissen gelangt:

Google nahm seit 2006 Ausschließlichkeitsklauseln in seine Verträge auf. Den Klauseln zufolge durften Publisher auf ihren Suchergebnisseiten keine Werbeanzeigen von Konkurrenten platzieren. Der Beschluss betrifft Publisher, die mit Google für all ihre Websites solche Klauseln vereinbart hatten.

Im März 2009 begann Google, die Ausschließlichkeitsklauseln schrittweise durch Klauseln über die sogenannte "Prämium-Platzierung" zu ersetzen. Danach waren Publisher verpflichtet, die rentabelsten Flächen auf ihren Suchergebnisseiten den Anzeigen von Google vorzubehalten und eine Mindestzahl von Google-Anzeigen zu platzieren. So wurde verhindert, dass Google-Konkurrenten ihre Suchmaschinenwerbung an den am besten sichtbaren und am häufigsten angeklickten Stellen der Ergebnisseiten der Websites platzieren konnten.

Ab März 2009 nahm Google ferner Klauseln in die Vereinbarungen auf, nach denen Publisher erst nach schriftlicher Zustimmung von Google verändern durften, wie Suchmaschinenwerbung von Google-Konkurrenten angezeigt wurde. So konnte Google kontrollieren, wie interessant die Anzeigen von Konkurrenten waren und wie häufig sie angeklickt wurden.

Google führte demnach zunächst eine Ausschließlichkeitsklausel ein, die ganz verhinderte, dass Konkurrenten auf den wirtschaftlich gesehen wichtigsten Websites Anzeigen platzieren konnten. Dann lockerte das Unternehmen die Ausschließlichkeitsvorgaben und verfolgte eine Strategie, nach der die besten Plätze auf Websites den eigenen Anzeigen vorbehalten blieben und die Erfolgschancen der Anzeigen von Konkurrenten kontrolliert wurden.

Von den Verhaltensweisen von Google war über fast den gesamten Zeitraum hinweg und bezogen auf den Umsatz mehr als die Hälfte des Marktes betroffen. Konkurrenten hatten keine Möglichkeit, in einen leistungsbezogenen Wettbewerb zu Google zu treten. Entweder war es direkt untersagt, ihre Anzeigen auf Publisher-Websites zu platzieren, oder Google behielt den eigenen Anzeigen die bei Weitem erfolgversprechendsten Flächen auf diesen Websites vor und kontrollierte zugleich, wie Anzeigen von Konkurrenten erscheinen konnten.

Google missbrauchte durch die beschriebenen Verhaltensweisen seine beherrschende Stellung auf dem Markt für die Vermittlung von Suchmaschinenwerbung, indem der Wettbewerb ausgeschaltet wurde.

Eine marktbeherrschende Stellung an sich ist nach den EU-Kartellvorschriften nicht verboten. Allerdings tragen marktbeherrschende Unternehmen eine besondere Verantwortung, denn sie dürfen ihre starke Marktstellung nicht missbrauchen, indem sie den Wettbewerb auf dem beherrschten Markt oder auf anderen Märkten einschränken.

Die Kommission gelangt in ihrem heutigen Beschluss zu dem Ergebnis, dass Google mindestens seit 2006 auf dem Markt für die Vermittlung von Suchmaschinenwerbung im EWR eine beherrschende Stellung innehat. Abzulesen ist dies insbesondere an den sehr hohen Marktanteilen von Google, die fast während des gesamten Zeitraums bei über 85 Prozent lagen. Auch ist der Markt durch hohe Marktzutrittsschranken gekennzeichnet: Die (Weiter-)Entwicklung der allgemeinen Suchmaschinentechnologie und einer Vermittlungsplattform für Suchmaschinenwerbung sowie der Aufbau eines hinreichenden Portfolios von Publishern und Werbetreibenden erfordern sowohl zu Beginn als auch im weiteren Verlauf sehr hohe Investitionen.

Google missbrauchte diese marktbeherrschende Stellung, indem es andere Unternehmen daran hinderte, auf dem Markt für die Vermittlung von Suchmaschinenwerbung mit Google zu konkurrieren.

Auf der Grundlage umfangreicher Beweismittel stellte die Kommission fest, dass die Verhaltensweisen von Google den Wettbewerb beeinträchtigten, den Verbrauchern schadeten und zu weniger Innovationen führten. Die Wettbewerber von Google waren nicht in der Lage, zu expandieren und Vermittlungsdienste für Suchmaschinenwerbung anzubieten, die eine Alternative zu den Diensten von Google dargestellt hätten. Dadurch waren die Betreiber von Websites fast ausschließlich auf Google angewiesen, um die Flächen auf ihren Websites kommerziell zu nutzen.

Google hat nicht nachgewiesen, dass die Klauseln zu Effizienzgewinnen geführt hätten, die seine Verhaltensweisen rechtfertigen würden.

Auswirkungen des Beschlusses
In der von der Kommission verhängten Geldbuße in Höhe von 1,49 Mrd. Euro (1,29 Prozent des Umsatzes von Google im Jahr 2018) finden Dauer und Schwere der Zuwiderhandlung Berücksichtigung. Die Geldbuße wurde nach den Geldbußenleitlinien der Kommission von 2006 (siehe Pressemitteilung und MEMO) auf der Grundlage des Werts der Einnahmen von Google aus der Vermittlung von Suchmaschinenwerbung im EWR berechnet.

Google stellte die rechtswidrigen Verhaltensweisen einige Monate nach Übermittlung der einschlägigen Mitteilung der Beschwerdepunkte im Juli 2016 durch die Kommission ein. In dem Beschluss wird das Unternehmen aufgefordert, zumindest die rechtswidrigen Verhaltensweisen einzustellen, soweit dies noch nicht geschehen ist, und von Maßnahmen mit derselben oder einer entsprechenden Zielsetzung oder Wirkung abzusehen.

Google ist ferner im Rahmen zivilrechtlicher Schadensersatzklagen, die von Personen oder Unternehmen, die von den wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen betroffen sind, vor den Gerichten der Mitgliedstaaten erhoben werden können, haftbar. Durch die neue EU-Richtlinie über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen ist es für Opfer wettbewerbswidriger Verhaltensweisen inzwischen leichter, Schadensersatz zu erhalten.

Weitere Verfahren gegen Google
Im Juni 2017 verhängte die Kommission eine Geldbuße in Höhe von 2,42 Mrd. Euro gegen Google wegen Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung der Google-Suchmaschine durch unzulässige Vorzugsbehandlung des eigenen Preisvergleichsdiensts.

Im Juli 2018 verhängte die Kommission eine Geldbuße in Höhe von 4,34 Mrd. Euro gegen Google wegen illegaler Praktiken bei Android-Mobilgeräten zur Stärkung der beherrschenden Stellung der Google-Suchmaschine.

Hintergrund
Der Beschluss ist an Google LLC (zuvor Google Inc.) und die Google-Muttergesellschaft Alphabet Inc. gerichtet.

Die Untersuchung der Kommission zu den Verhaltensweisen, die Gegenstand des Beschlusses sind, begann bereits im Rahmen der breiter angelegten Untersuchung zu Google Search (Sache 39740).

Am 14. Juli 2016 übermittelte die Kommission Google eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, in der sie ihre vorläufige Auffassung darlegte, dass das Unternehmen seine marktbeherrschende Stellung missbraucht hat, indem es die Möglichkeiten Dritter, auf ihren Websites Suchmaschinenwerbung von Wettbewerbern Googles anzuzeigen, künstlich beschränkte.

Nach Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel 54 (link is external) des EWR-Abkommens ist der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung verboten.

Geldbußen für Unternehmen, die gegen die EU-Kartellvorschriften verstoßen, werden in den Gesamthaushaltsplan der EU eingestellt. Die Mittel sind nicht für bestimmte Ausgaben vorgesehen. Stattdessen werden die Beiträge der Mitgliedstaaten zum EU-Haushalt für das Folgejahr entsprechend gekürzt. Die Geldbußen tragen daher zur Finanzierung der EU bei und verringern die Belastung der Steuerzahler.
(Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 17.04.19
Newsletterlauf: 27.05.19


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