Vollzug eines Fusionsvorhabens
Fusionskontrolle: Altice hat mit vorzeitiger Übernahme von PT Portugal möglicherweise gegen EU-Vorschriften verstoßen
Die EU-Fusionskontrollverordnung verpflichtet sich zusammenschließende Unternehmen, ihre Pläne vorher anzumelden und mit ihrer Durchführung zu warten, bis die Kommission sie genehmigt hat
Die Europäische Kommission hat in einer Mitteilung der Beschwerdepunkte den Verdacht geäußert, dass das multinationale Telekommunikationsunternehmen Altice (Niederlande) mit dem Vollzug der Übernahme des Telekom-Betreibers PT Portugal vor der Anmeldung bzw. Genehmigung des Zusammenschlusses gegen die EU-Fusionskontrollverordnung verstoßen hat. Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte hierzu: "Werden Fusionen und Übernahmen vor ihrer Anmeldung oder Genehmigung vollzogen, unterlaufen die beteiligten Unternehmen damit die EU-Fusionskontrolle. Mit der Versendung einer Mitteilung der Beschwerdepunkte an Altice machen wir deutlich, wie ernst wir einen Verstoß gegen Regeln einschätzen, die die Wirksamkeit der Fusionskontrolle sicherstellen sollen."
Die EU-Fusionskontrollverordnung verpflichtet sich zusammenschließende Unternehmen, ihre Pläne vorher anzumelden ("Anmeldepflicht") und mit ihrer Durchführung zu warten, bis die Kommission sie genehmigt hat ("Durchführungsverbot"). Die Anmeldepflicht soll der Kommission die Möglichkeit geben, ein Zusammenschlussvorhaben vor seiner Durchführung wettbewerbsrechtlich zu prüfen. Mit dem Durchführungsverbot sollen nachteilige Auswirkungen von Unternehmenszusammenschlüssen auf Märkte und Wettbewerb vermieden werden, solange die Prüfung noch nicht abgeschlossen ist. Der vorzeitige Vollzug eines Fusionsvorhabens stellt somit einen sehr schwerwiegenden Verstoß gegen das EU-Fusionskontrollrecht dar, da er eine wirksame Kontrolle des Vorhabens durch die Kommission unterläuft.
Die Einhaltung dieser Vorschriften gewährleistet Rechtssicherheit, ermöglicht der Kommission eine korrekte Analyse der Marktfolgen eines Zusammenschlusses und verhindert potenziell nachteilige Konsequenzen von Fusionsvorhaben auf die Wettbewerbsstruktur der betroffenen Märkte. Damit wird gewährleistet, dass der Markt zum Wohle der Verbraucher funktioniert.
Im Februar 2015 hatte Altice seine Pläne zur Übernahme von PT Portugal bei der Kommission angemeldet. Die Kommission hatte das Vorhaben am 20. April 2015 mit Auflagen genehmigt.
In der heutigen Mitteilung der Beschwerdepunkte vertritt die Kommission die vorläufige Auffassung, dass Altice die Übernahme tatsächlich bereits vor der Genehmigung durch die Kommission und in Teilen sogar schon vor der Anmeldung durchgeführt hatte. So führt die Kommission unter anderem aus, dass der Übernahmevertrag zwischen den beiden Unternehmen Altice in die Lage versetzt hat, schon vor der Anmeldung und der Genehmigung des Zusammenschlussvorhabens bestimmenden Einfluss auf PT Portugal auszuüben und Altice in mehreren Fällen von dieser Möglichkeit bereits Gebrauch gemacht hat.
Sollte sich dies bestätigen, hätten die Unternehmen gegen die Anmeldepflicht und das Durchführungsverbot gemäß der EU-Fusionskontrollverordnung verstoßen. Die Übermittlung einer Mitteilung der Beschwerdepunkte greift dem endgültigen Ergebnis des Verfahrens nicht vor.
Sollte die Kommission feststellen, dass Altice die Übernahme vor der Anmeldung oder vor der Genehmigung durchgeführt hat, könnte das Unternehmen mit einer Geldbuße von bis zu 10 % seines weltweiten Jahresumsatzes belangt werden.
Hintergrund
Der Zusammenschluss von Altice und PT Portugal
Am 9. Dezember 2014 schloss Altice mit dem brasilianischen Telekommunikationsbetreiber OI, der PT Portugal damals kontrollierte, einen Übernahmevertrag mit dem Ziel, die alleinige Kontrolle über PT Portugal zu erwerben. Im Februar 2015 meldete Altice seine Pläne zur Übernahme von PT Portugal bei der Kommission an. Am 20. April 2015 erklärte die Kommission die Übernahme von PT Portugal durch Altice in einem Genehmigungsbeschluss für mit dem Binnenmarkt vereinbar; die Genehmigung war allerdings an Auflagen gebunden.
Zum Zeitpunkt der Anmeldung waren die portugiesischen Altice-Tochtergesellschaften Cabovisão und ONI Konkurrenten von PT Portugal auf den portugiesischen Telekommunikationsmärkten. Die Kommission hatte Bedenken, dass das aus der Übernahme hervorgehende Unternehmen auf dem Markt für Festnetz-Telekommunikation unzureichendem Wettbewerbsdruck vonseiten der verbleibenden Konkurrenten ausgesetzt sein würde, was zu höheren Preisen für die Kunden hätte führen können. Der Beschluss war deshalb an die Auflage gebunden, dass Altice seine beiden portugiesischen Konzerngesellschaften ONI und Cabovisão abstößt.
Das laufende Verfahren gegen Altice wegen vorzeitigen Vollzugs der Fusion hat keine Auswirkungen auf den Genehmigungsbeschluss vom April 2015 und die dort festgelegten Auflagen.
(Europäische Kommission: ra)
eingetragen: 28.05.17
Home & Newsletterlauf: 22.06.17
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