Keine zwei getrennten räumlichen Märkte
Europäische Kommission lehnt Pläne des tschechischen Regulierers zur Zugangsregulierung in Breitbandnetzen ab
Maßnahme der Kommission soll die Verbraucher vor wahrscheinlichen Preiserhöhungen für Hochgeschwindigkeits-Internetverbindungen schützen
(29.08.12) - Die Europäische Kommission hat entschieden, dass die tschechische Telekom-Regulierungsbehörde ihre Pläne zurückziehen muss, Breitbanddienste im Vorleistungsmarkt auf der Basis von Kabel- und WiFi-Plattformen in den Vorleistungsmarkt für Breitbandzugangsprodukte einzubeziehen. Die Europäische Kommission begründet ihre ablehnende Entscheidung damit, dass ČTÚ keine ausreichenden Nachweise dafür vorgelegt hat, dass Kabel- und WiFi-Plattformen, über die keine Vorleistungsangebote erfolgen, die vorherrschenden Kupfer- und Glasfasertechnologien auf dem Vorleistungsmarkt im gegenwärtigen tschechischen Umfeld ersetzen könnten. Die Kommission akzeptiert auch die von ČTÚ vorgenommene räumliche Marktabgrenzung nicht, die auf ihrer Produktmarktabgrenzung beruht und die zu der Feststellung führt, dass zwei getrennte räumliche Märkte vorliegen.
Die Entscheidung bedeutet, dass ČTÚ die von ihr vorgeschlagene Maßnahme zurückziehen muss und ihre Pläne nicht ausführen darf, die in einigen Fällen zur Aufhebung von Verpflichtungen (unter anderem für den Breitbandzugang im Vorleistungsmarkt), die dem tschechischen Telekommunikationsbetreiber Telefónica auferlegt wurden, führen würden. Diese Maßnahme der Kommission schützt die Verbraucher vor sonst wahrscheinlichen Preiserhöhungen für Hochgeschwindigkeits-Internetverbindungen.
Die Kommission hat jedoch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, unterschiedliche Abhilfemaßnahmen auf räumlicher Basis zuzulassen, die unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen auf dem tschechischen Markt Rechnung tragen. Falls ČTÚ diese Option verfolgen möchte, muss sie eine geänderte Analyse auf der Grundlage einer neuen Produkt- und räumlichen Marktabgrenzung vorlegen.
Neelie Kroes, die für die Digitale Agenda zuständige Vizepräsidentin der Kommission, erklärte hierzu: "Die bislang vorgelegten Nachweise können die Pläne der tschechischen Regulierungsbehörde nicht rechtfertigen, ich bin aber zuversichtlich, dass eine überarbeitete Analyse eine räumliche Differenzierung von Abhilfemaßnahmen erlauben könnte."
Hintergrund
Am 11. Mai 2012 erhielt die Kommission von ČTÚ den Entwurf einer Entscheidung über den Vorleistungsmarkt für den Breitbandzugang, der ein zentrales Zugangsprodukt für alternative Betreiber ist und es ihnen ermöglicht, tschechischen Kunden Breitbanddienste bereitzustellen. Nach der von ČTÚ vorgenommenen Abgrenzung umfasst dieser Markt den Zugang über Kupferkabel-, Glasfaser-, Fernsehkabel- und WiFi-Verbindungen. ČTÚ schlägt vor, das Land in zwei räumliche Märkte zu unterteilen, nämlich ein Segment A, in dem es mindestens drei konkurrierende Infrastrukturen gibt, und ein Segment B für den Rest des Landes. ČTÚ hat festgestellt, dass Telefónica nur im Segment B über beträchtliche Marktmacht verfügt. Sie hat vorgeschlagen, Telefónica im Segment A keine Verpflichtungen mehr aufzuerlegen. Im Segment B sollen Verpflichtungen auferlegt werden, allerdings würden diese keine Kostenorientierung vorsehen und auch nicht für alle von Telefónica betriebenen Glasfaserleitungen gelten.
Mit dem Kommissionsbeschluss zur Einleitung einer gründlichen Untersuchung begann am 11. Juni 2012 die "zweite Phase" des Verfahrens nach Artikel 7 und 7a der Telekommunikationsrichtlinie, das mit der ablehnenden Entscheidung abgeschlossen wurde.
Artikel 7 der Telekommunikations-Rahmenrichtlinie schreibt vor, dass nationale Telekom-Regulierungsbehörden die Kommission, das Gremium europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK) und die Telekom-Regulierungsbehörden in anderen EU-Ländern von Maßnahmen unterrichten, die sie zur Behebung von Marktproblemen einführen wollen. Soweit sich diese Pläne wie im vorliegenden Fall auf Marktabgrenzungen und die Feststellung einer beträchtlichen Marktmacht beziehen, kann die Kommission die nationale Regulierungsbehörde auffordern, ihren Maßnahmenentwurf zurückzuziehen. (Europäische Kommission: ra)
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