Verpflichtungsangebot räumte Bedenken aus
Fusionskontrolle: Europäische Kommission genehmigt Joint Venture zwischen ARM, Giesecke & Devrient und Gemalto unter Auflagen
Die Untersuchung der Kommission hat gezeigt, dass auch nach dem Zusammenschluss Wettbewerbsdruck von mehreren Konkurrenten im Bereich TEE ausgehen wird
(29.11.12) - Die Europäische Kommission hat die geplante Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens zwischen ARM, einem britischen Anbieter von IP-Lösungen (Intellectual Property) für die Halbleiterbranche, und den beiden Anbietern von Sicherheitslösungen Giesecke & Devrient ("G&D", Deutschland) und Gemalto (Niederlande) nach der EU-Fusionskontrollverordnung genehmigt. Das Joint Venture wird Trusted Execution Environments ("TEE") für Geräte der Unterhaltungselektronik entwickeln und vermarkten. TEE bieten verbesserte Sicherheitsdienste, z. B. für mobile Zahlungsanwendungen für Smartphones und Tablet-Computer.
Die Genehmigung der Kommission erfolgt unter Auflagen. ARM muss demnach seinen Wettbewerbern alle erforderlichen Hardware-Informationen zu denselben Bedingungen wie dem Joint Venture zur Verfügung stellen, um es ihnen zu ermöglichen, alternative TEE-Lösungen zu entwickeln. ARM wird seine Lizenzen so gestalten, dass die Leistungsfähigkeit alternativer TEE-Lösungen nicht beeinträchtigt wird. Die Kommission hatte Bedenken, ARM würde sich möglicherweise gegenüber Wettbewerbern des Joint Ventures auf dem Markt für TEE abschotten, wenn das Vorhaben in der ursprünglich angemeldeten Form freigegeben würde. Das Verpflichtungsangebot der Unternehmen räumt diese Bedenken aus.
G&D und Gemalto bieten derzeit TEE-Lösungen an, die sie in das Joint Venture einbringen werden. Die Untersuchung der Kommission hat gezeigt, dass auch nach dem Zusammenschluss Wettbewerbsdruck von mehreren Konkurrenten im Bereich TEE ausgehen wird bzw. ausgehen könnte. Allerdings hat ARM zurzeit eine sehr starke Stellung auf dem vorgelagerten Markt. Dies beruht auf seiner Rolle als Anbieter von Lizenzen für die ARM-Architektur für Anwendungsprozessoren in der Unterhaltungselektronik, u. a. für eine besondere Hardware-Erweiterung (die ARM TrustZone), auf der die TEE-Lösungen des Joint Ventures wie auch diejenigen der Wettbewerber basieren würden. ARM könnte deshalb die Interoperabilität seiner patentierten Architektur mit TEE-Lösungen, die mit denjenigen des Joint Ventures konkurrieren, negativ beeinflussen, indem es Informationen zu den TEE der Konkurrenz, die für die Lauffähigkeit auf Prozessoren mit ARM-Architektur erforderlich sind, zurückhält und/oder die TrustZone-Architektur von ARM verändert.
Um die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission auszuräumen, hat sich ARM verpflichtet, den Wettbewerbern des Joint Ventures die für die Entwicklung alternativer TEE-Lösungen erforderlichen Informationen über aktuelle und künftige Versionen von "TrustZone" oder anderen, äquivalenten Technologien, die ARM möglicherweise künftig auf den Markt bringt, zur Verfügung zu stellen. Diese Informationen sollen zu den Bedingungen bereitgestellt werden, die auch für das Joint Venture gelten. ARM verpflichtete sich ferner, seine Lizenzen nicht so zu gestalten, dass dadurch vorsätzlich die Leistungsfähigkeit von TEE Dritter beeinträchtigt würde. Da ARM acht Jahre lang an diese Verpflichtungen gebunden ist, werden sie auch dann noch gelten, wenn die nächste Generation der ARM-Architektur auf den Markt kommt.
Nach Auffassung der Kommission ist durch das Verpflichtungsangebot gewährleist, dass das zusammengeschlossene Unternehmen dem Wettbewerbsdruck mehrerer starker aktueller bzw. künftiger Wettbewerber ausgesetzt sein wird und dass die Abnehmer von TEE‑Lösungen weiterhin auf genügend alternative Anbieter zurückgreifen können. Die Genehmigung der Kommission erfolgt unter der Auflage, dass die Verpflichtungszusagen uneingeschränkt eingehalten werden.
Unternehmen und Produkte
Das Unternehmen ARM ist Anbieter von IP-Lösungen für Entwickler, Lizenzen für Mikroprozessoren und Physical-IP-, Cache-Design- und System-on-Chip-Lösungen sowie anwendungsspezifischen Standardprodukten, verwandter Software und Entwicklertools.
G&D entwickelt Sicherheitslösungen und Secure Elements, insbesondere für Smart Cards, den bargeldlosen Zahlungsverkehr, Unternehmensanwendungen für Mobilgeräte, den öffentlichen Verkehr und den Bereich Internet- und Netzwerksicherheit. G&D hat außerdem ein mobiles TEE namens Mobicore entwickelt.
Das Unternehmen Gemalto ist im Bereich digitale Sicherheit tätig und bietet Lösungen für sichere Mobilgeräte an (z. B. Secure Elements und Tokens; Near Field Communication – NFC).
Das Joint Venture wird ein für die ARM TrustZone konzipiertes TEE entwickeln und vermarkten.
Durch TEE-Lösungen wird ein separates, sicheres Betriebssystem für Unterhaltungselektronikgeräte wie Smartphones, Tablet-Computer und Smart-TVs geschaffen, das parallel zum Hauptbetriebssystem (Android, iOS, Windows Phone etc.) läuft. TEE bieten damit eine höhere Sicherheit beim Einsatz von Anwendungen unter diesen Betriebssystemen. Beispiele für solche vertrauenswürdigen Anwendungen (Trusted Applications) sind Bankanwendungen, mobile Zahlungen, Bereitstellung von Premium Content sowie Datenlösungen für Unternehmen.
Das Vorhaben wurde ursprünglich am 15. Juni 2012 bei der Kommission angemeldet, die Anmeldung wurde jedoch am 3. Juli 2012 wieder zurückgezogen. Es wurde am 14. September 2012 erneut bei der Kommission angemeldet.
(Europäische Kommission: ra)
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