Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Gegen EU-Wettbewerbsvorschriften verstoßen


EU-Kommission verhängt Geldbuße von 337,5 Mio. EUR gegen Mondelēz wegen Beschränkungen des grenzüberschreitenden Handels
Der Konzern hinderte zehn in bestimmten Mitgliedstaaten tätige Alleinvertriebshändler daran, Verkaufsanfragen von Kunden in anderen Mitgliedstaaten ohne vorherige Genehmigung durch Mondelēz zu beantworten



Die Europäische Kommission hat gegen Mondelēz International, Inc. (Mondelēz) eine Geldbuße in Höhe von 337,5 Mio. EUR verhängt, weil das Unternehmen den grenzüberschreitenden Handel mit Schokolade, Keksen und Kaffeeprodukten zwischen Mitgliedstaaten unter Verstoß gegen das EU-Wettbewerbsrecht behindert hat. Die Kommission geht auch weiterhin entschlossen gegen ungerechtfertigte Hindernisse vor, um ein besseres Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten. Territoriale Angebotsbeschränkungen durch Lieferanten stellen eine Art nicht regulatorischer Hindernisse für ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts dar.

Zuwiderhandlung
Mondelēz mit Sitz in den USA ist einer der weltweit größten Hersteller von Schokolade- und Keksprodukten. Die Produktpalette des Unternehmens umfasst bekannte Schokolade- und Keksmarken wie Côte d‘Or, Milka, Oreo, Ritz, Toblerone und TUC und schloss bis 2015 auch Kaffeemarken wie HAG, Jacobs und Velours Noir ein.

Die Untersuchung der Kommission ergab, dass Mondelēz gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften verstoßen hat, indem es i) wettbewerbswidrige Vereinbarungen traf bzw. Verhaltensweisen abstimmte, um den grenzüberschreitenden Handel mit verschiedenen Schokolade-, Keks- und Kaffeeprodukten zu beschränken, und ii) seine beherrschende Stellung auf bestimmten nationalen Märkten für den Verkauf von Tafelschokolade missbräuchlich ausnutzte.

Insbesondere stellte die Kommission fest, dass Mondelēz im Rahmen von 22 wettbewerbswidrigen Vereinbarungen bzw. abgestimmten Verhaltensweisen gegen Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verstoßen hat:

>> Mondelēz beschränkte die Gebiete oder Kunden, an die sieben Großhändler (im Folgenden Händler oder auch "Makler") die Produkte von Mondelēz weiterverkaufen durften. Eine Vereinbarung enthielt auch eine Bestimmung, mit der der Kunde von Mondelēz angewiesen wurde, für ausgeführte Produkte höhere Preise zu verlangen als für Inlandsverkäufe. Diese Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen kamen im Zeitraum 2012-2019 zur Anwendung und deckten alle EU-Märkte ab.

>> Zudem hinderte der Konzern zehn in bestimmten Mitgliedstaaten tätige Alleinvertriebshändler daran, Verkaufsanfragen von Kunden in anderen Mitgliedstaaten ohne vorherige Genehmigung durch Mondelēz zu beantworten. Diese Vereinbarungen und Verhaltensweisen kamen im Zeitraum 2006-2020 zur Anwendung und deckten alle EU-Märkte ab.

Die Kommission stellte ferner fest, dass Mondelēz im Zeitraum 2015 bis 2019 seine marktbeherrschende Stellung unter Verstoß gegen Artikel 102 AEUV missbrauchte, indem es
>> sich weigerte, einen Makler in Deutschland zu beliefern, um den Weiterverkauf von Tafelschokolade nach Belgien, Bulgarien, Österreich und Rumänien zu verhindern, wo die Preise dieser Produkte höher waren, und
>> die Lieferung bestimmter Tafelschokoladen in die Niederlande einstellte, um die Einfuhr dieser Produkte nach Belgien zu verhindern, wo Mondelēz sie zu höheren Preisen verkaufte.

Die Kommission kam zu dem Schluss, dass die illegalen Praktiken von Mondelēz die Einzelhändler in ihrer Freiheit einschränkten, Produkte in Mitgliedstaaten mit niedrigeren Preisen zu beziehen, und zu einer künstlichen Aufteilung des Binnenmarkts führten. Mondelēz wollte verhindern, dass der grenzüberschreitende Handel zu Preissenkungen in Ländern mit höheren Preisen führt. Diese illegalen Praktiken ermöglichten es Mondelēz, seine eigenen Produkte weiterhin teurer zu verkaufen, was letztlich den Verbrauchern in der EU schadete.

Einzelhändler in ihrer Freiheit eingeschränkt
Einzelhändler in ihrer Freiheit eingeschränkt Bild: EU-Kommission


Geldbuße
Die Geldbuße wurde auf der Grundlage der Leitlinien der Kommission zur Festsetzung von Geldbußen aus dem Jahr 2006 festgesetzt (siehe Pressemitteilung und MEMO).

Bei der Festsetzung der Geldbuße wurden der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlungen sowie dem mit den Zuwiderhandlungen in Verbindung stehenden Umsatz von Mondelēz Rechnung getragen.

Darüber hinaus berücksichtigte die Kommission, dass Mondelēz im Rahmen des Kooperationsverfahrens mit der Kommission zusammenarbeitete und seine Haftung für die Zuwiderhandlung gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften ausdrücklich anerkannte. Daher gewährte die Kommission Mondelēz eine Ermäßigung der Geldbuße um 15 %. Auf dieser Grundlage verhängte die Kommission eine Geldbuße in Höhe von 337,5 Mio. EUR gegen Mondelēz.

Hintergrund
Händler und Einzelhändler versuchen, Produkte in Mitgliedstaaten einzukaufen, in denen die Preise niedriger sind, um sie dann in anderen Mitgliedstaaten mit höheren Preisen wieder zu verkaufen. Dort sinken dadurch in der Regel die Preise. Beschränkungen des Parallelhandels können dazu führen, dass Hersteller oder Anbieter auf einem nationalen Markt zum Nachteil der Verbraucher höhere Preise verlangen können. Ferner kann die Produktvielfalt abnehmen. Somit stellen Beschränkungen des Parallelhandels nichtregulatorische Hindernisse für ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts dar und gehören zu den schwerwiegendsten Wettbewerbsbeschränkungen. Im Rahmen des im März 2024 veröffentlichten Übergangspfads für das Ökosystem des Einzelhandels schlug die Kommission vor, einen Dialog zwischen den betroffenen Interessenträgern, d. h. internationalen Anbietern von Markenprodukten, Einzelhändlern und Verbrauchern, einzuleiten, um Lösungen zu finden.

Im Rahmen dieser von Amts wegen eingeleiteten Untersuchung mutmaßlicher wettbewerbswidriger Praktiken in der EU hat die Kommission im November 2019 unangekündigte Nachprüfungen in den Räumlichkeiten von Mondelēz in Belgien, Deutschland und Österreich durchgeführt. Im Januar 2021 leitete sie ein förmliches Verfahren ein.

Artikel 101 AEUV untersagt wettbewerbswidrige Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen zwischen Unternehmen, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken. Artikel 102 AEUV verbietet die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen und den Wettbewerb verhindern oder beschränken kann. Wie diese Bestimmungen umzusetzen sind, ist in der Verordnung Nr. 1/2003 festgelegt.

Das Kooperationsverfahren orientiert sich am etablierten Kartellvergleichsverfahren und kann in nicht kartellrechtlichen Sachen zur Anwendung kommen, in denen Unternehmen bereit sind, ihre Haftung für eine Zuwiderhandlung gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften (einschließlich des Sachverhalts und der rechtlichen Beurteilung) anzuerkennen. Darüber hinaus können Unternehmen freiwillig Beweismittel vorlegen oder erläutern oder sich an der Gestaltung und Umsetzung von Abhilfemaßnahmen beteiligen. Der Kooperationsrahmen ermöglicht der Kommission die Anwendung eines vereinfachten Verfahrens und den kooperierenden Unternehmen eine Ermäßigung der Geldbuße. Die Kommission prüft im Einzelfall, ob ein Fall für ein Kooperationsverfahren infrage kommt. Dabei berücksichtigt sie, wie wahrscheinlich es ist, dass mit dem betroffenen Unternehmen innerhalb einer angemessenen Frist eine Einigung erzielt werden kann. Die Unternehmen haben weder ein Recht auf Anwendung des Kooperationsverfahrens noch sind sie dazu verpflichtet, diesen Weg zu wählen.

Geldbußen für Unternehmen, die gegen die EU-Kartellvorschriften verstoßen, werden in den Gesamthaushaltsplan der EU eingestellt. Diese Einnahmen sind nicht für bestimmte Ausgaben vorgesehen. Stattdessen werden die Beiträge der Mitgliedstaaten zum EU-Haushalt für das Folgejahr entsprechend gekürzt. Somit tragen die Geldbußen zur Finanzierung der EU bei und entlasten die Steuerzahler.

Schadensersatzklagen
Personen und Unternehmen, die von dem beschriebenen wettbewerbswidrigen Verhalten betroffen sind, können vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf Schadensersatz klagen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und der Verordnung 1/2003 des Rates sind endgültige Beschlüsse der Kommission in Verfahren vor nationalen Gerichten ein verbindlicher Nachweis dafür, dass das Verhalten stattgefunden hat und rechtswidrig war. Selbst wenn die Kommission gegen die Kartellbeteiligten eine Geldbuße verhängt hat, kann von nationalen Gerichten Schadensersatz zuerkannt werden, wobei die von der Kommission verhängte Geldbuße nicht mindernd angerechnet wird.

Durch die Richtlinie über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen ist es für Opfer wettbewerbswidriger Verhaltensweisen einfacher geworden, Schadensersatz zu erhalten. Weitere Informationen über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen sowie einen praktischen Leitfaden zur Ermittlung des Schadensumfangs finden Sie hier.

Instrument für Hinweisgeber
Die Kommission hat ein Instrument eingerichtet, über das Einzelpersonen die Kommission leichter über wettbewerbswidriges Verhalten informieren können, ohne ihre Identität preisgeben zu müssen. Die Anonymität der Hinweisgeber (Whistleblower) wird durch ein ausgefeiltes Kommunikationssystem mit Verschlüsselung gewahrt, über das Mitteilungen ausgetauscht werden können. Das Instrument kann über diesen Link aufgerufen werden. (EU-Kommission: ra)

eingetragen: 26.05.24
Newsletterlauf: 16.07.24


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Kernelemente der Maßnahme gegen Meta

    Das Netzwerk für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (CPC-Netz) hat ein Schreiben an Meta übermittelt, nachdem Bedenken aufgetreten waren, dass Meta mit ihrem "Pay or consent"-Modell gegen das EU-Verbraucherrecht verstoßen könnte. Die Kommission koordinierte diese Maßnahme unter der Leitung der französischen Generaldirektion für Wettbewerb, Verbraucherschutz und Betrugsbekämpfung.

  • Marktrisiko-Vorschriften von Basel III

    Die Europäische Kommission hat heute einen delegierten Rechtsakt beschlossen, der den Geltungsbeginn von Teilen der Basel-III-Standards in der EU um ein Jahr verschiebt. Gelten soll der Aufschub für den "Fundamental Review of the Trading Book", kurz: "FRTB", der die Handelstätigkeit der Banken betrifft und nun erst ab dem 1. Januar 2026 greifen soll. Das FRTB-Regelwerk trägt ausgefeilteren Methoden zur Messung von Risiken Rechnung, damit die Eigenkapitalanforderungen besser zu den Risiken passen, denen die Banken bei ihren Tätigkeiten an den Kapitalmärkten tatsächlich ausgesetzt sind.

  • CO2-Bepreisung auf weitere Wirtschaftssektoren

    Die Kommission erlässt eine Reihe von Beschlüssen zu Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten, die nicht mitgeteilt haben, welche Maßnahmen sie zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Recht ergriffen haben. Dabei sendet die Kommission zunächst Aufforderungsschreiben an alle Mitgliedstaaten, die keine nationalen Maßnahmen zur Umsetzung von Richtlinien gemeldet haben, deren Umsetzungsfrist vor Kurzem abgelaufen ist. So haben 26 Mitgliedstaaten noch keine vollständige Umsetzung von zwei EU-Richtlinien in den Bereichen Klimaschutz und Verteidigung gemeldet.

  • Grundlage für ein solches Regelwerk

    Die Europäische Kommission begrüßt, dass der Text eines im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) ausgehandelten Übereinkommens über den elektronischen Handel nach fünf Jahren intensiver Verhandlungen, an denen mehr als 90 WTO-Mitglieder beteiligt waren, veröffentlicht wurde. Die EU brachte sich in die Verhandlungen über dieses erste weltweite Regelwerk für den digitalen Handel engagiert ein. Sobald das Übereinkommen in den WTO-Rechtsrahmen integriert ist, wird es für zahlreiche WTO-Mitglieder die Grundlage für ein solches Regelwerk bilden. Es wird sowohl Verbrauchern als auch Unternehmen zugute kommen und in den beteiligten WTO-Mitgliedstaaten den digitalen Wandel fördern, indem es >> grenzüberschreitende elektronische Transaktionen vereinfacht, >> Hemmnisse für den digitalen Handel abbaut und >> Innovationen im elektronischen Handel fördert.

  • Einleitung des eingehenden Prüfverfahrens

    Die Europäische Kommission hat eine eingehende Untersuchung eingeleitet, um zu prüfen, ob eine deutsche Umstrukturierungsmaßnahme im Umfang von 321,2 Mio. EUR für Condor mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang steht. Die Maßnahme war ursprünglich im Juli 2021 von der Kommission auf der Grundlage der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung genehmigt worden, doch dann wurde der Genehmigungsbeschluss der Kommission durch das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 8. Mai 2024 für nichtig erklärt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen