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Grundrechte von LGBTIQ-Personen


EU-Kommission verklagt Ungarn vor dem Gerichtshof der Europäischen Union wegen Verletzung von LGBTIQ-Rechten
Ungarn hat der Kommission einige der angefochtenen Maßnahmen nicht im Voraus mitgeteilt, obwohl eine Verpflichtung dazu in der Transparenzrichtlinie für den Binnenmarkt enthalten ist



Die Europäische Kommission hat beschlossen, Ungarn wegen eines nationalen Gesetzes, das nach Auffassung der Kommission gegen die Grundrechte von LGBTIQ-Personen verstößt, vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen. Das ungarische Gesetz verbietet oder beschränkt den Zugang zu Inhalten, die, so heißt es dort "von dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht abweichende Identitäten, Geschlechtsumwandlungen oder Homosexualität" fördern oder darstellen, für Personen unter 18 Jahren.

Diese Klage beim Gerichtshof ist der nächste Schritt im Vertragsverletzungsverfahren, das die Kommission am 15. Juli 2021 mit einem Aufforderungsschreiben gegen Ungarn eingeleitet hatte. Da die ungarischen Behörden nicht ausreichend auf die Bedenken der Kommission in Bezug auf die Gleichstellung und den Schutz der Grundrechte eingingen und sich nicht verpflichteten, die Unvereinbarkeit zu beseitigen, richtete die Kommission am 2. Dezember 2021 eine mit Gründen versehene Stellungnahme an Ungarn.

Die Kommission hat nie infrage gestellt, dass Kinder Recht auf Schutz haben. Durch das ungarische Recht werden jedoch eindeutig Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert. Es steht den Grundwerten der Europäischen Union entgegen und verstößt gegen eine Reihe von EU-Vorschriften, wie z. B. die folgenden:

>> die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, gegen die das Gesetz in Bezug auf Normen für audiovisuelle Inhalte und die freie Bereitstellung grenzüberschreitender audiovisueller Mediendienste verstößt, da die von Ungarn eingeführten Beschränkungen, die Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminieren, ungerechtfertigt und unverhältnismäßig sind,

>> die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr und das darin vorgesehene Herkunftslandprinzip, da das Gesetz die Bereitstellung von Diensten, die Inhalte zeigen, die verschiedene sexuelle Orientierungen darstellen, für Minderjährige einschränkt, auch wenn diese Dienste aus anderen Mitgliedstaaten stammen; Ungarn konnte diese Beschränkungen nicht rechtfertigen,

>> den im Vertrag verankerten Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs (Artikel 56 AEUV) und die Dienstleistungsrichtlinie. Die Adressaten von Teilen des Gesetzes fallen unter die Definition von Dienstleistungserbringern im Sinne der EU-Rechtsvorschriften. Der freie Dienstleistungsverkehr darf nur eingeschränkt werden, wenn die durch das Gesetz auferlegten Beschränkungen ordnungsgemäß begründet, nicht diskriminierend und verhältnismäßig sind, was Ungarn nicht nachgewiesen hat,

>> das in der Datenschutz-Grundverordnung und in Artikel 8 der Grundrechtecharta verankerte Recht auf Datenschutz, insbesondere weil in den nationalen Bestimmungen nicht genau festgelegt ist, wer auf im Strafregister gespeicherte sensible personenbezogene Daten zugreifen darf und wer Gegenstand des Zugriffs sein kann. Außerdem sind in den nationalen Bestimmungen keine objektiven Kriterien hinsichtlich der Rechtfertigung der Notwendigkeit des Zugangs zu den Daten festgelegt,

>> Ungarn hat der Kommission einige der angefochtenen Maßnahmen nicht im Voraus mitgeteilt, obwohl eine Verpflichtung dazu in der Transparenzrichtlinie für den Binnenmarkt enthalten ist.

>> Im Rahmen der Umsetzung des nachstehend genannten EU-Rechts verstößt das ungarische Gesetz auch gegen die Unantastbarkeit der Würde des Menschen, das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens sowie das Recht auf Nichtdiskriminierung, die in den Artikeln 1, 7, 11 und 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind. Aufgrund der Schwere dieser Verstöße verletzen die angefochtenen Bestimmungen auch die in Artikel 2 EUV festgelegten gemeinsamen Werte.

Hintergrund
Am 15. Juni 2021 wurde das ungarische Gesetz über ein strengeres Vorgehen gegen pädophile Straftäter und zur Änderung bestimmter Gesetze zum Schutz von Kindern verabschiedet. Mit dem Gesetz werden Bestimmungen in mehreren bestehenden Gesetzen geändert. Einige der neuen Bestimmungen zielen darauf ab, den Zugang Minderjähriger zu Inhalten und Werbung einzuschränken, die, so heißt es dort "von dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht abweichende Identitäten, Geschlechtsumwandlungen oder Homosexualität fördern oder darstellen".

Unter Bezugnahme auf diese Kategorien enthält das Gesetz restriktive Vorschriften speziell für Dienste der Informationsgesellschaft und des elektronischen Geschäftsverkehrs, Bildungsangebote, den Zugang zu aufgezeichneten Daten im Zusammenhang mit einschlägigen Verstößen, die Klassifizierung audiovisueller Inhalte und audiovisuelle Werbung. Diese Änderungen verstoßen gegen mehrere Bestimmungen des EU-Sekundärrechts, des AEUV, des EUV und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union.

Unmittelbar nach der Annahme des Gesetzes übermittelten die Kommissionsmitglieder Thierry Breton und Didier Reynders am 23. Juni 2021 ein politisches Schreiben an Ungarn, in dem sie Fragen im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit bestimmter Bestimmungen des damaligen Legislativvorschlags mit mehreren Bestimmungen des EU-Rechts thematisierten und um Klarstellung baten.

Ungarn antwortete am 30. Juni 2021, hob die nationale Zuständigkeit für die Bildung ungarischer Kinder hervor und argumentierte, dass die beanstandeten Bestimmungen des Gesetzes darauf abzielten, die "Familie, Werte und Kultur" Ungarns zu schützen und "die körperliche, geistige und intellektuelle Entwicklung von Kindern im Einklang mit den moralischen Regeln, die von ihrer eigenen christlichen Kultur vorgegeben sind" sicherzustellen. Ungarn widersprach, dass die angefochtenen Bestimmungen gegen das Unionsrecht verstießen und nahm keine Verpflichtung in das Schreiben auf, die Unvereinbarkeit zu beseitigen.

Aus diesen Gründen leitete die Kommission am 15. Juli 2021 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn ein.

Die Gleichheit und die Achtung der Würde und der Menschenrechte sind Grundwerte der EU, die in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind. Die Kommission wird alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente einsetzen, um diese Werte zu verteidigen.
(Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 25.07.22
Newsletterlauf: 05.09.22


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