Kartellrechtliche Untersuchungen
EU-Kommission übermittelt Alchem Mitteilung der Beschwerdepunkte in erster Arzneimittelkartellsache in der EU
Sollte sich der Verdacht bestätigen, läge ein Verstoß gegen das EU-Wettbewerbsrecht vor
Die Europäische Kommission hat Alchem International Pvt. Ltd. und ihre Tochtergesellschaft Alchem International (H.K.) Limited ("Alchem") von ihrer vorläufigen Auffassung in Kenntnis gesetzt, dass sie durch ihre Mitwirkung an einem ein wichtiges Arzneimittel betreffenden langjährigen Kartell gegen die EU-Kartellvorschriften verstoßen haben.
Alchem ist ein Hersteller des pharmazeutischen Wirkstoffs N-Butylscopolaminiumbromid (Butylscopolamin). Die Kommission hat Anhaltspunkte dafür, dass Alchem mit anderen Anbietern Absprachen getroffen und die Festsetzung eines Mindestpreises für den Verkauf von Butylscopolamin an ihre Kunden (Vertriebshändler und Generikahersteller) und die gegenseitige Zuweisung von Quoten vereinbart haben könnte. Darüber hinaus hat Alchem möglicherweise sensible Geschäftsinformationen mit Wettbewerbern ausgetauscht. Im Oktober 2023 erließ die Kommission einen Vergleichsbeschluss zu demselben Kartell, der andere Unternehmen betraf.
Butylscopolamin ist ein wichtiger Wirkstoff für die Herstellung des gegen Bauchkrämpfe eingesetzten Arzneimittels Buscopan und seiner generischen Versionen.
Sollte sich der Verdacht bestätigen, läge ein Verstoß gegen das EU-Wettbewerbsrecht vor, das aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen wie Preisabsprachen und Marktaufteilung untersagt (Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Artikel 53 des EWR-Abkommens).
Die Mitteilung der Beschwerdepunkte greift dem Ergebnis des Verfahrens nicht vor.
Hintergrund
Im Oktober 2023 verhängte die Kommission Geldbußen in Höhe von insgesamt 13,4 Mio. EUR gegen Alkaloids of Australia, Alkaloids Corporation, Boehringer, Linnea und Transo-Pharm wegen ihrer Beteiligung am Butylscopolamin-Kartell. Gegen C2 PHARMA wurde keine Geldbuße verhängt, da das Unternehmen die Kommission nach der Kronzeugenregelung von dem Kartell in Kenntnis gesetzt hatte. Alle sechs Unternehmen räumten ihre Kartellbeteiligung ein und stimmten einem Vergleich zu.
Im Rahmen derselben Untersuchung leitete die Kommission auch ein Verfahren gegen ein siebtes Unternehmen, Alchem, ein. Der Vergleich vom Oktober 2023 erstreckte sich nicht auf Alchem, gegen das nach dem Standardkartellverfahren (ohne Vergleich) weiter ermittelt wurde.
Eine Mitteilung der Beschwerdepunkte ist ein förmlicher Verfahrensschritt bei Untersuchungen, die die Kommission wegen mutmaßlicher Verstöße gegen das EU-Kartellrecht einleitet. Darin setzt sie die Parteien schriftlich über die gegen sie erhobenen Vorwürfe in Kenntnis. Die Beteiligten können daraufhin die Untersuchungsakte der Kommission einsehen, schriftlich Stellung nehmen und eine mündliche Anhörung beantragen, um Vertretern der Kommission und der nationalen Wettbewerbsbehörden ihren Standpunkt darzulegen. In diesem speziellen Fall kann das betroffene Unternehmen die Akte bzw. bestimmte Teile derselben auch im Verfahren der einvernehmlichen, nur einem bestimmten Personenkreis (den Rechtsbeiständen der Verfahrensbeteiligten) gewährten Akteneinsicht konsultieren, was zu einer Beschleunigung des Verfahrens beiträgt.
Wenn die Kommission, nachdem die Parteien ihre Verteidigungsrechte ausgeübt haben, zu dem Schluss kommt, dass hinreichende Beweise für eine Zuwiderhandlung vorliegen, kann sie per Beschluss die Verhaltensweise untersagen und Geldbußen von bis zu 10 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes eines Unternehmens verhängen.
Für den Abschluss kartellrechtlicher Untersuchungen zu wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen gilt für die Kommission keine zwingende Frist. Die Dauer einer kartellrechtlichen Untersuchung hängt von mehreren Faktoren ab, so etwa von der Komplexität des jeweiligen Falles, der Bereitschaft des betroffenen Unternehmens zur Zusammenarbeit mit der Kommission sowie der Ausübung der Verteidigungsrechte. (EU-Kommission: ra)
eingetragen: 10.07.24
Newsletterlauf: 02.09.24
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