
Staatliche Beihilfen und Verhaltenskodex
EU-Kommission ändert Beihilfevorschriften, um der Öffentlichkeit in Umweltangelegenheiten Zugang zu Gerichten zu gewähren
Jede NRO, die bestimmte Kriterien erfüllt, kann eine Überprüfung beantragen
Die Europäische Kommission hat ihre Beihilfevorschriften geändert, damit die Öffentlichkeit in Umweltangelegenheiten im Zusammenhang mit EU-Beihilfebeschlüssen Zugang zu Gerichten erhält. Die Kommission hat zu diesem Zweck Vorschriften überarbeitet, die es Nichtregierungsorganisationen (NRO) ermöglichen, eine Überprüfung bestimmter Beihilfebeschlüsse durch die Kommission zu beantragen, um festzustellen, ob sie gegen das EU-Umweltrecht verstoßen. Mit dem neuen Mechanismus kommt die Kommission den Feststellungen des Ausschusses zur Überwachung der Einhaltung des Übereinkommens von Aarhus in der Sache ACCC/C/2015/128 nach.
Bei dieser Gelegenheit hat die Kommission auch andere Vorschriften der Durchführungsverordnung (EG) Nr. 794/2004 über staatliche Beihilfen und des Verhaltenskodex für die Durchführung von Beihilfeverfahren (im Folgenden "Verhaltenskodex") entsprechend der gängigen Praxis der Kommission und der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union aktualisiert.
Der neue Überprüfungsmechanismus
Wie dem Verhaltenskodex zu entnehmen, gilt durch die Überprüfung nun insbesondere Folgendes:
>> Jede NRO, die bestimmte Kriterien erfüllt, kann eine Überprüfung beantragen. So müssen die NRO unabhängige juristische Personen ohne Erwerbscharakter sein, in dem Bereich tätig sein, in den der betreffende Beihilfebeschluss fällt, und nachweislich über Erfahrung im Umweltbereich verfügen.
>> Ein Überprüfungsantrag kann bezüglich abschließenden Beihilfebeschlüssen gestellt werden, mit denen ein nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen (AEUV) eingeleitetes förmliches Prüfverfahren zum Abschluss gebracht wird und eine Maßnahme für mit dem Binnenmarkt vereinbar ("Positivbeschluss") oder für unter Bedingungen und Auflagen mit dem Binnenmarkt vereinbar ("mit Bedingungen und Auflagen verbundener Beschluss") befunden wird. Eine Überprüfung kann beantragt werden, wenn die Beihilfe auf Grundlage des AEUV für vereinbar erklärt und genehmigt wurde. Ausgenommen sind dabei abschließende Beschlüsse auf der Grundlage von Artikel 107 Absatz 2 AEUV ("Beihilfen sozialer Art an einzelne Verbraucher" und "Beihilfen zur Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind") und Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b AEUV, sofern es sich um eine Beihilfe "zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats" handelt.
>> Antragsberechtigte NRO müssen nachweisen, dass die geförderte Tätigkeit oder Modalitäten der durch den Kommissionsbeschluss genehmigten Beihilfemaßnahme, die untrennbar mit dem Zweck der Beihilfe verknüpft sind, gegen eine oder mehrere bestimmte Vorschriften des Umweltrechts der Union verstoßen.
>> Anträge müssen binnen acht Wochen nach Veröffentlichung des Beihilfebeschlusses im Amtsblatt über ein Formular eingereicht werden. Die Kommission antwortet binnen 16 Wochen nach Ablauf der achtwöchigen Einreichungsfrist. In begründeten Fällen kann die Bearbeitungsfrist auf 22 Wochen verlängert werden. Die Kommission veröffentlicht die Anträge und Antworten auf einer spezifischen Website.
>> Antragsteller können die Antwort der Kommission vor dem Gerichtshof der Europäischen Union anfechten.
Nach Änderung der Durchführungsverordnung sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, im Anmeldeformular für Beihilfemaßnahmen zu bestätigen, dass weder die geförderte Tätigkeit noch die Beihilfemaßnahme gegen das Umweltrecht der Union verstoßen.
Inkrafttreten und Anwendbarkeit
Antragsberechtige NRO können Anträge auf Überprüfung von abschließenden Beihilfebeschlüssen, mit denen von Mitgliedstaaten angemeldete Beihilfen genehmigt werden, ab zwei Monaten nach der Veröffentlichung der Änderungen der Durchführungsverordnung im Amtsblatt stellen.
Auch betreffend abschließenden Beschlüssen, mit denen nichtangemeldete Beihilfen genehmigt werden, können Anträge gestellt werden, sofern der Beschluss zur Einleitung eines Verfahrens nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV erst nach der Veröffentlichung der Änderungen der Durchführungsverordnung im Amtsblatt angenommen wurde.
Nächste Schritte
Im vierten Quartal 2025 wird die Kommission auf ihrer Website Orientierungshilfen zum Begriff "untrennbar verknüpft", einer notwendigen Voraussetzung für die Feststellung eines Verstoßes gegen das Umweltrecht der Union in einem Beihilfeverfahren, veröffentlichen.
Hintergrund
Die Änderungen der Durchführungsverordnung und des Verhaltenskodex gehen auf Feststellungen des Ausschusses zur Überwachung der Einhaltung des Übereinkommens von Aarhus aus dem Jahr 2021 zurück, wonach die EU gegen das Übereinkommen von Aarhus verstößt, da die Öffentlichkeit nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV erlassene Beschlüsse über staatliche Beihilfen, die möglicherweise gegen das Umweltrecht der Union verstoßen, nicht anfechten kann.
Die Kommission nahm am 17. Mai 2023 eine Mitteilung an, in der mit Blick auf ein neues Verfahren mögliche Folgemaßnahmen zu den Feststellungen des Aarhus-Ausschusses aufgezeigt wurden.
Am 30. Mai 2024 veröffentlichte die Kommission eine Aufforderung zur Stellungnahme, auf die im Zeitraum vom 1. Juli 2024 bis zum 6. September 2024 eine gezielte Konsultation folgte. Vom 7. Februar bis zum 21. März 2025 lief eine öffentliche Konsultation der Interessenträger, in deren Rahmen die Kommission die Stellungnahmen von Mitgliedstaaten, Behörden, Bürgern, Unternehmen, Unternehmensverbänden und anderen Organisationen (u. a. Umwelt-NRO), Rechtsanwälten und Wissenschaftlern zu den vorläufigen Änderungen der Durchführungsverordnung und des Verhaltenskodex einholte. (EU-Kommission: ra)
eingetragen: 14.05.25