Sie sind hier: Home » Markt » Hintergrund

Compliance-Risiken in Joint Ventures


Unternehmensbeteiligung statt Schmiergeld bei Joint Ventures in Asien: Verdeckte Bestechung auf dem Vormarsch
Noerr-Compliance-Experten warnen vor neuen Risiken - Compliance-Gesichtspunkte bleiben bei den Vertragsverhandlungen über ein Joint Venture immer noch weitgehend ausgeblendet


(03.05.12) - Bei der Eingehung von internationalen Kooperationen sehen sich Unternehmen neuen Korruptionsrisiken ausgesetzt. "Die klassische Bestechung hat ausgedient, neue und subtilere Formen der verdeckten Bestechung sind auf dem Vormarsch", sagte Prof. Dr. Thomas Klindt auf dem Noerr Compliance Day, zu dem jetzt der Leiter der Noerr Compliance Group rund 200 Fachleute aus dem In- und Ausland begrüßen konnte. Thematisch im Mittelpunkt standen die vielfältigen Compliance-Risiken in Joint Ventures - nach dem Iran-Embargo der EU auch drängende Fragen zur Abwicklung von mit iranischen Partnern geschlossenen Verträgen.

Von den neuen verdeckten Bestechungsformen bei der Gründung von internationalen Gemeinschaftsunternehmen (Joint Ventures) berichtete Noerr-Partner und Strafrechtsexperte Dr. Christian Pelz: "Vor allem im asiatischen Raum haben sich regelrechte Ausweichstrategien zur direkten Forderung nach der Zahlung von Schmiergeldern entwickelt". Aktuell größte Gefahr ist der Versuch, während der Verhandlungen über die Gründung eines Joint Ventures, branchenfremde Personen - meist Familienmitglieder der Gegenseite - als Gesellschafter mit kleinen Beteiligungsanteilen aufzunehmen.

Die Gefahren sind nicht zu unterschätzen: Unternehmen, die sich auf derartige Gesellschaftskonstruktionen einlassen, drohen unkalkulierbare Folgeschäden. Das zeigt sich meist schon in der täglichen Zusammenarbeit im Joint Venture. "Branchenfremde Mini-Teilhaber können beispielsweise wichtige Entscheidungen blockieren oder zumindest verzögern", sagte Pelz. Noch problematischer ist die Beendigung eines derart konstruierten Gemeinschaftsunternehmens: "Man wird erpressbar, denn strafrechtlich bewerten Gerichte die Aufnahme des branchenfremden Teilhabers ebenso als Bestechung wie eine direkte Schmiergeldzahlung." Die Bitte um Aufnahme erfolge schließlich gerade deswegen, um nicht offen Schmiergeld zu kassieren.

Auf die neue Bedrohung sind viele Unternehmen nicht vorbereitet. "Compliance-Gesichtspunkte bleiben bei den Vertragsverhandlungen über ein Joint Venture, aber auch bei M&A-Verhandlungen im Falle von Unternehmensübernahmen, immer noch weitgehend ausgeblendet", sagte Pelz.

Abwicklung von Iran-Joint Ventures unklar
Neben weiteren Themen sorgten insbesondere kartellrechtliche Probleme in Gemeinschaftsunternehmen sowie das Iran-Embargo der EU für Gesprächsstoff auf dem Compliance Day. Noerr-Partnerin Dr. Bärbel Sachs berichtete von den Problemen bei der Abwicklung von Joint Ventures mit iranischen Partnerunternehmen. "Die betroffenen Unternehmen bewegen sich im Spannungsfeld zwischen möglichen Schadenersatzforderungen der iranischen Vertragspartner und einem strafrechtlich sanktionierten Embargo der EU", sagte die Expertin für Außenwirtschaftsrecht. Die Embargo-Vorschriften lassen nicht immer klar erkennen, wo die Grenze zwischen erlaubtem Geschäft und strafrechtlich relevantem Verhalten verläuft.

Kartellbehörden nehmen Joint Ventures verstärkt ins Visier
Aber auch das Kartellrecht spielt bei Joint Ventures unter Compliance-Aspekten eine immer wichtigere Rolle, vor allem wenn es um die Zusammenarbeit zwischen Wettbewerbern geht. "Risiken gibt es in allen Phasen der Kooperation, von der Gründung bis zum laufenden Betrieb", betonte der Noerr-Kartellrechtsexperte Dr. Alexander Birnstiel in seinem Vortrag. "Die bisherige stiefmütterliche Behandlung kartellrechtlicher Fragen bei der Gründung neuer Joint Ventures ist wegen der Haftungsrisiken für beteiligte Vorstände besonders gefährlich", warnte der Partner aus dem Münchner Noerr-Büro. Auch schauten nationale Kartellbehörden und die Europäische Kommission bei Joint Venture-Gründungen gerade in letzter Zeit sehr genau darauf, ob durch Kooperationen der Wettbewerb auf den betroffenen Märkten eingeschränkt werde - und untersagten die Zusammenarbeit konsequent. Von der Transaktionsplanung bis zum Deal-Closing, aber auch darüber hinaus, empfahl Birnstiel deshalb für Joint Venture-Gründungen ein durchgehendes Kartellrechts-Screening. (Noerr: ra)

Noerr LLP: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Verringerung der Mehrwertsteuer-Compliance-Lücke

    Laut einem von der Europäischen Kommission veröffentlichten neuen Bericht haben die meisten EU-Mitgliedstaaten zwischen 2018 und 2022 erhebliche Fortschritte bei der Erhebung der Mehrwertsteuer erzielt.

  • FuEuI im Mittelpunkt der EU-Wirtschaft

    Die europäische Industrie hat ihre Investitionen in Forschung und Entwicklung (FuE;E) im Jahr 2023 um 9,8 Prozent erhöht und damit das Wachstum der FuE-Investitionen der Unternehmen in den USA (+5,9 Prozent) und China (+9,6 Prozent) erstmals seit 2013 übertroffen, so die veröffentlichte neue Ausgabe des EU-Anzeigers für industrielle FuE;E-Investitionen.

  • Einführung eines Flugemissionslabels

    Die EU-Kommission hat eine Verordnung zur Einführung eines Flugemissionslabels (FEL) angenommen, das eine klare und vertrauenswürdige Methode zur Berechnung der Flugemissionen bietet. Fluggesellschaften, die Flüge innerhalb der EU durchführen oder aus der EU abfliegen, können sich freiwillig diesem Gütesiegel anschließen, das ab Juli 2025 voll funktionsfähig sein wird.

  • Änderungen des derzeitigen Rechtsrahmens

    Die Europäische Kommission schlägt gezielte Änderungen des derzeitigen Rechtsrahmens vor, der in der Verordnung über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse (GMO) festgelegt ist, und legt eine neue Verordnung über die grenzüberschreitende Durchsetzung der Vorschriften über unlautere Handelspraktiken vor.

  • Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen

    Die Europäische Kommission ist nach eingehender Prüfung des Sachverhalts zu dem Schluss gelangt, dass eine deutsche Beihilfemaßnahme im Umfang von 1,9 Mrd. EUR zur Unterstützung von DB Cargo, eines der führenden Schienengüterverkehrsunternehmen in Europa, mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang steht.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen