Leitlinien für die Mitgliedstaaten
Langzeitarbeitslosigkeit: Europa ergreift Maßnahmen, um 12 Millionen Langzeitarbeitslose bei ihrer Rückkehr in den Arbeitsmarkt zu unterstützen
Trotz der wirtschaftlichen Erholung und der Anzeichen für eine Verbesserung auf dem EU-Arbeitsmarkt hat sich ihre Zahl zwischen 2007 und 2014 verdoppelt
(02.10.15) - Die Europäische Kommission hat Leitlinien für die Mitgliedstaaten zur besseren Unterstützung von Langzeitarbeitslosen bei der Rückkehr in den Arbeitsmarkt vorgeschlagen. Nach der Neubelebung der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen im Mai ist dies eine weitere konkrete Initiative der breiteren wirtschafts- und sozialpolitischen Agenda der Juncker-Kommission, mit der die Schaffung von Arbeitsplätzen, die wirtschaftliche Erholung und soziale Gerechtigkeit in Europa unterstützt werden sollen.
In Europa sind über 12 Millionen Menschen seit mehr als einem Jahr arbeitslos. Trotz der wirtschaftlichen Erholung und der Anzeichen für eine Verbesserung auf dem EU-Arbeitsmarkt hat sich ihre Zahl zwischen 2007 und 2014 verdoppelt. Heute machen die Langzeitarbeitslosen etwa die Hälfte aller Arbeitslosen aus. Die Investitionsoffensive für Europa hat das Potenzial zur Schaffung von Millionen neuer Arbeitsplätze. Doch auch wenn neue Arbeitsplätze entstehen, ist es für Langzeitarbeitslose oft sehr schwierig, erfolgreich auf den Arbeitsmarkt zurückzukehren. Deshalb sieht der heutige Vorschlag für eine Empfehlung des Rates eine individuelle Bestandsaufnahme für alle Arbeitsuchenden, die seit mehr als 12 Monaten ohne Beschäftigung sind, vor; außerdem sollten diese Personen, bevor sie 18 Monate lang arbeitslos sind eine schriftliche Wiedereinstiegsvereinbarung bekommen, die ihnen einen konkreten und auf sie persönlich abgestimmten Plan für die Rückkehr in die Beschäftigung anbietet.
Die für Beschäftigung, Soziales, Qualifikationen und Arbeitskräftemobilität zuständige EU‑Kommissarin Marianne Thyssen kommentierte: "Mit mehr als 12 Millionen Betroffenen in Europa zählt Langzeitarbeitslosigkeit zu den schwierigsten und drängendsten Problemen der Wirtschaftskrise. Durch sie ist ein wachsender Teil unserer Bevölkerung dem Risiko von Armut und sozialer Ausgrenzung ausgesetzt. Wir müssen handeln, um die Betroffenen wieder in Arbeit zu bringen. Wir können uns nicht mit einem Wirtschaftsaufschwung zufriedengeben, der an so vielen Menschen in Europa vorbeigeht. Ich bin zuversichtlich, dass der heutige Vorschlag sich positiv auswirken wird, wenn die Mitgliedstaaten, die Sozialpartner und die Arbeitgeber ihn voll mittragen."
In dem Vorschlag werden Leistungen zur Unterstützung von Langzeitarbeitslosen beim Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt analysiert und konkrete Maßnahmen zu deren Ausbau angeregt. Von den Mitgliedstaaten zusammengetragene bewährte Verfahren dienen dabei als Ausgangspunkt.
Es werden im Wesentlichen drei konkrete Schritte vorgeschlagen:
>> Förderung der Meldung bei einer Arbeitsverwaltung;
>> gründliche individuelle Bestandsaufnahme für alle gemeldeten Langzeitarbeitslosen spätestens nach 18 Monaten Arbeitslosigkeit, um ihre Bedürfnisse und ihr Potenzial zu ermitteln;
>> Angebot einer Wiedereinstiegsvereinbarung für alle gemeldeten Langzeitarbeitslosen spätestens nach 18 Monaten Arbeitslosigkeit.
Die Wiedereinstiegsvereinbarung sollte einen maßgeschneiderten Plan für die Rückkehr der Langzeitarbeitslosen in eine Beschäftigung umfassen. Je nach Angebot im betreffenden Mitgliedstaat können dazu folgende Leistungen gehören: Mentoring, Unterstützung bei der Arbeitssuche, Fortbildung sowie Kinderbetreuungs- und Gesundheitsversorgungsangebote, Wohn- und Transportkostenzuschüsse oder Rehabilitation. Im Sinne von Kontinuität und Kohärenz der Unterstützung sollten die Leistungen über eine zentrale Anlaufstelle abgewickelt werden. Auch die Rechte und Pflichten sowohl der arbeitslosen Personen als auch der unterstützenden Einrichtung sollten darin eindeutig festgehalten werden.
In dem Vorschlag wird auch die aktive Einbindung der Arbeitgeber durch Partnerschaften mit den öffentlichen Stellen angeregt, was die Palette der ihnen zur Verfügung stehenden Leistungen erweitert; auch sollten gezielte finanzielle Anreize für Arbeitgeber geschaffen werden.
Die Mitgliedstaaten können bei der Umsetzung dieser Empfehlungen auf Unterstützung aus dem Europäischen Sozialfonds zurückgreifen.
Der Vorschlag der Kommission wird nun zur Erörterung und Annahme an den Rat weitergeleitet. Die Durchführung der in der Empfehlung genannten Maßnahmen kann beginnen, sobald die Mitgliedstaaten eine Einigung erzielt haben.
Hintergrund
Die Langzeitarbeitslosen machen gegenwärtig 5 Prozent der Erwerbsbevölkerung aus. Ihr Anteil variiert sehr stark von einem Mitgliedstaat zum anderen und bewegt sich zwischen 1,5 Prozent in Österreich und 19,5 Prozent in Griechenland.
Je länger eine Person aus dem Arbeitsmarkt ausscheidet, desto schwieriger ist der spätere Wiedereinstieg. Von den 12 Millionen Langzeitarbeitslosen in der EU sind über 60 Prozent schon seit zwei Jahren erwerbslos. Jedes Jahr gibt ein Fünftel der Betroffenen die Arbeitssuche auf und wird als nichterwerbstätig eingestuft. Damit entsteht ein ernsthaftes Risiko von Armut und sozialer Ausgrenzung für die Arbeitslosen und ihre Angehörigen.
Obwohl Langzeitarbeitslose die Hälfte aller Arbeitslosen ausmachen, richten sich nur etwa 20 Prozent der aktiven Arbeitsmarktprogramme an diese Zielgruppe, und in vielen Mitgliedstaaten haben die Betroffenen keinen Zugang zu personalisierten Leistungen. Programme für Langzeitarbeitslose beziehen die Arbeitgeber häufig nicht in ausreichendem Maße ein. Nur ein Drittel der Mitgliedstaaten koordinieren die Tätigkeit ihrer Arbeits- und Sozialverwaltungen.
Auf EU-Ebene existieren bereits folgende Maßnahmen:
>> Im Rahmen des Europäischen Semesters, also des jährlichen Zyklus der wirtschaftspolitischen Koordinierung, werden Empfehlungen ausgesprochen;
>> bis zu 10 Prozent der Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds können im Zeitraum 2014 bis 2020 für die Unterstützung von Langzeitarbeitslosen eingesetzt werden;
>> das Europäische Netz der öffentlichen Arbeitsverwaltungen tauscht bewährte Verfahren aus.
(Europäische Kommission: ra)
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