Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Vorschriften des ersten Eisenbahnpakets von 2001


Europäische Kommission drängt Deutschland zur Einhaltung der EU-Vorschriften über getrennte Rechnungsführung im Eisenbahnsektor
Das Verbot der Übertragung öffentlicher Mittel vom Infrastrukturbetrieb auf die Verkehrsleistungssparte (oder umgekehrt) wird damit missachtet

(12.07.13) - Die Europäische Kommission ist der Ansicht, dass Deutschland die EU-Vorschriften über die getrennte Rechnungsführung von Eisenbahninfrastruktur- und Eisenbahnverkehrsunternehmen sowie über die Verwendung von Trassenentgelten nicht hinreichend umsetzt. Das Verfahren ist Teil einer Reihe ähnlicher Verfahren, die gegen mehrere Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit den Vorschriften über die getrennte Rechnungsführung eingeleitet wurden. Das deutsche System birgt die Möglichkeit, dass kommerzielle Verkehrsdienste mit öffentlichen Mitteln, die für die Infrastruktur und öffentliche Personenverkehrsdienste bestimmt sind, quersubventioniert werden.

Der für Verkehr zuständige Vizepräsident der Kommission Siim Kallas erklärte dazu:

"Die Kommission begrüßt es, wenn europäische Eisenbahnunternehmen Verkehrsdienste in anderen Mitgliedstaaten anbieten. Jedoch muss dies erkennbar ohne die Verwendung von Geldern geschehen, die von den Mitgliedstaaten für Investitionen in die Bahninfrastruktur bereitgestellt wurden."

Die Deutsche Bahn Holding hat Gewinnabführungsverträge mit allen Tochtergesellschaften geschlossen. Zu diesen Gesellschaften zählen auch Verkehrsunternehmen wie die DB Regio (die subventionierte regionale Personenverkehrsdienste erbringt) sowie die folgenden Infrastrukturunternehmen der Holding: DB Netz (Verwaltung des Schienennetzes), DB Station & Service (Bahnhofsbetrieb) und DB Energie (zuständig für die Energieversorgung). Nach diesen Gewinnabführungsverträgen müssen die Tochtergesellschaften sämtliche Gewinne an die Holding übertragen, die sie dann zu beliebigen Zwecken verwenden kann, u. a. auch zur Quersubventionierung kommerzieller Schienenverkehrsdienste. Die abgeführten Beträge stammen zum großen Teil aus öffentlichen Geldern, die es den Infrastrukturbetreibern und den Unternehmen des öffentlichen Personenverkehrs erst ermöglichen, Gewinne zu erwirtschaften, da ihre wirtschaftlichen Einnahmen nicht ausreichen, um ihre Kosten zu decken.

Das Verbot der Übertragung öffentlicher Mittel vom Infrastrukturbetrieb auf die Verkehrsleistungssparte (oder umgekehrt) wird damit missachtet. Das System ermöglicht es auch, aus Trassenentgelten erzielte Einnahmen auf andere Bereiche zu übertragen, was der EU-Vorschrift widerspricht, wonach diese Entgelte "zur Finanzierung der Tätigkeiten des Infrastrukturbetreibers" verwendet werden müssen. Aus der Rechnungsführung der DB Regio wird nicht ersichtlich, welcher Ausgleich für die einzelnen öffentlichen Dienstleistungsaufträge gezahlt wurde. Zudem fehlen die erforderlichen Angaben (z. B. Kosten), um nachzuprüfen, ob mit den Ausgleichsleistungen für öffentliche Dienstleistungsaufträge andere Tätigkeiten des Unternehmens finanziert und aus den gemeinwirtschaftlichen Verkehrsdiensten angemessene Gewinne erwirtschaftet werden.

Deutschland hat nun zwei Monate Zeit, um auf die mit Gründen versehene Stellungnahme zu reagieren. Wird dieser Aufforderung nicht nachgekommen oder die Einhaltung des EU-Rechts nicht hinreichend nachgewiesen, kann die Kommission den Gerichtshof der Europäischen Union mit dem Fall befassen.

Hintergrund
Die Vorschriften des ersten Eisenbahnpakets von 2001 enthalten die folgenden Auflagen:
1) Trennung der Rechnungsführung zwischen dem Eisenbahninfrastruktur- und dem Eisenbahnverkehrsbereich, einschließlich der Veröffentlichung gesonderter Abschlüsse;
2) Verbot der Überleitung öffentlicher Gelder vom Infrastrukturbetrieb auf die Verkehrsleistungssparte (oder umgekehrt);
3) Zuwendungen für gemeinwirtschaftliche Personenverkehrsdienste sind in den entsprechenden Rechnungen getrennt auszuweisen;
4) Verbot der Übertragung solcher Zuwendungen auf andere Geschäftsbereiche. Ferner sehen die Rechtsvorschriften ausdrücklich vor, dass Infrastrukturentgelte zur Finanzierung des Infrastrukturbetriebs verwendet werden müssen. Die Trennung der Rechnungsführung zwischen verschiedenen Unternehmenstätigkeiten ist zu unterscheiden von dem Aspekt der Unabhängigkeit der wesentlichen Funktionen von Infrastrukturbetreibern, der in einem gesonderten Verfahren behandelt wurde. (Europäische Kommission: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Verringerung der Mehrwertsteuer-Compliance-Lücke

    Laut einem von der Europäischen Kommission veröffentlichten neuen Bericht haben die meisten EU-Mitgliedstaaten zwischen 2018 und 2022 erhebliche Fortschritte bei der Erhebung der Mehrwertsteuer erzielt.

  • FuEuI im Mittelpunkt der EU-Wirtschaft

    Die europäische Industrie hat ihre Investitionen in Forschung und Entwicklung (FuE;E) im Jahr 2023 um 9,8 Prozent erhöht und damit das Wachstum der FuE-Investitionen der Unternehmen in den USA (+5,9 Prozent) und China (+9,6 Prozent) erstmals seit 2013 übertroffen, so die veröffentlichte neue Ausgabe des EU-Anzeigers für industrielle FuE;E-Investitionen.

  • Einführung eines Flugemissionslabels

    Die EU-Kommission hat eine Verordnung zur Einführung eines Flugemissionslabels (FEL) angenommen, das eine klare und vertrauenswürdige Methode zur Berechnung der Flugemissionen bietet. Fluggesellschaften, die Flüge innerhalb der EU durchführen oder aus der EU abfliegen, können sich freiwillig diesem Gütesiegel anschließen, das ab Juli 2025 voll funktionsfähig sein wird.

  • Änderungen des derzeitigen Rechtsrahmens

    Die Europäische Kommission schlägt gezielte Änderungen des derzeitigen Rechtsrahmens vor, der in der Verordnung über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse (GMO) festgelegt ist, und legt eine neue Verordnung über die grenzüberschreitende Durchsetzung der Vorschriften über unlautere Handelspraktiken vor.

  • Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen

    Die Europäische Kommission ist nach eingehender Prüfung des Sachverhalts zu dem Schluss gelangt, dass eine deutsche Beihilfemaßnahme im Umfang von 1,9 Mrd. EUR zur Unterstützung von DB Cargo, eines der führenden Schienengüterverkehrsunternehmen in Europa, mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang steht.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen