Dienst- und Versorgungsbezüge der EU-Beamte
Europäische Kommission verklagt Rat wegen Verstoßes gegen EU-Recht in Statutsfragen
Rat verfüge gemäß dem Statut über keinen Ermessensspielraum, sondern muss den von der Kommission ermittelten Angleichungswert annehmen
(23.01.12) - Die Europäische Kommission hat beschlossen, den Gerichtshof anzurufen, da der Rat die Verordnung über die im Statut verankerte jährliche Angleichung der Dienst- und Versorgungsbezüge der EU-Beamten nicht angenommen hat. Laut Statut erfolgt die Angleichung der Dienst- und Versorgungsbezüge von EU-Beamten entsprechend den politischen Entscheidungen der Mitgliedstaaten über die Bezüge ihrer eigenen nationalen Beamten. Steigen oder sinken die Bezüge von nationalen Beamten, so wird die gleiche Änderung auf EU-Beamte angewandt.
In diesem Jahr haben fünf der acht für die Berechnung herangezogenen Mitgliedstaaten die Gehälter ihrer Beamten nominal erhöht: Belgien (3,6 Prozent), Frankreich und die Niederlande (2 Prozent) sowie Deutschland und das Vereinigte Königreich (1,3 Prozent). Geringfügige Gehaltskürzungen gab es in Italien, Spanien und Luxemburg. Die nationalen Beamten büßten somit durchschnittlich 1,8 Prozent ihrer realen Kaufkraft ein. Der gleiche Kaufkraftverlust wird ungeachtet ihres Einsatzortes für die EU-Beamten vorgeschlagen.
Unter strenger Einhaltung der Rechtsvorschriften schlug die Kommission dem Rat deshalb vor, die gleiche Verlustquote auf die EU-Beamten anzuwenden. Der Vorschlag sieht reale Kürzungen um -1,8 Prozent vor, was für Beamte in Brüssel, wo die Inflationsrate bei 3,6 Prozent liegt, eine nominale Angleichung von 1,7 Prozent bedeutet.
Wie der Europäische Gerichtshof bereits mehrfach bekräftigt hat (zuletzt am 24. November 2010 in der Rechtssache C-40/10), verfügt der Rat gemäß dem Statut über keinen Ermessensspielraum, sondern muss den von der Kommission ermittelten Angleichungswert annehmen. Der Gerichtshof hat betont, dass von diesen Vorschriften ausschließlich im Rahmen der Ausnahmeklausel und nur in besonderen Ausnahmefällen, in denen die Bezüge der Beamten im Rahmen der Methode nicht schnell genug angeglichen würden, abgewichen werden kann.
Die Kommission hat auf Ersuchen des Rates zweimal geprüft, ob die Ausnahmeklausel, die bei einer plötzlichen, schwerwiegenden Verschlechterung der wirtschaftlichen und sozialen Lage in der Europäischen Union greift, angewendet werden könnte. Nach Auffassung der Kommission entspricht der Kaufkraftverlust für EU-Beamte ebenso wie der Kaufkraftverlust für nationale Beamte der derzeitigen wirtschaftlichen und sozialen Lage. Weitere, über diesen Verlust hinaus gehende Maßnahmen würden gegen das Statut und die Rechtsprechung des Gerichtshofs verstoßen.
Stattdessen hat die Kommission der Notwendigkeit von Sparmaßnahmen dadurch Rechnung getragen, dass sie einen Personalabbau von 5 Prozent bei allen EU-Organen sowie bedeutende Änderungen des Statuts vorschlug, darunter die Erhöhung der Wochenarbeitszeit von 37,5 auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich, die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters auf 65 Jahre (bzw. unter bestimmten Voraussetzungen auf 67 Jahre) und die Neugestaltung der Laufbahnstrukturen für Sekretäre und Assistenten. Sämtliche dieser Maßnahmen werden im Falle ihrer Annahme zu Einsparungen von mehr als 1 Mrd. EUR in den nächsten sieben Jahren und langfristig zu Einsparungen von jährlich 1 Mrd. EUR führen.
Trotz der genannten Erwägungen hat der Rat formal beschlossen, den Vorschlag der Kommission nicht anzunehmen. Die Kommission ist der Auffassung, dass dieser Beschluss einen Verstoß gegen das Statut darstellt und sie deshalb als Hüterin der Verträge verpflichtet ist, ihn vor dem Gerichtshof anzufechten.
Vizepräsident Maroš Šefčovič erklärte: "Die Kommission bedauert, dass sie nach einer vergleichbaren Situation im Jahr 2009 erneut den Gerichtshof in dieser Angelegenheit befassen muss. Sowohl der Rat als auch die Kommission wissen um die Notwendigkeit von Einsparungen bei den Verwaltungsausgaben. Allerdings müssen solche Sparmaßnahmen unter Einhaltung der Rechtsvorschriften erfolgen. Die Rechtsvorschriften müssen gegebenenfalls geändert werden, es darf jedoch nicht gegen sie verstoßen werden.
Dieses von der Kommission bereits seit acht Monaten verfolgte Konzept mündete im Dezember 2011 in formale Vorschläge an das Europäische Parlament und den Rat. Sollten diese Vorschläge angenommen werden, könnten bis 2020 bei den Verwaltungskosten mehr als 1 Mrd. EUR sowie langfristig jährlich 1 Mrd. EUR eingespart werden."
Hintergrund
Die jährliche Angleichung der Bezüge wird jedes Jahr von Eurostat auf der Grundlage von statistischen Daten der Mitgliedstaaten über Gehaltserhöhungen oder -kürzungen für ihre nationalen Beamten berechnet. 2004 beschloss der Rat, für die Berechnung eine repräsentative Auswahl von acht Mitgliedstaaten (Deutschland, Frankreich, Vereinigtes Königreich, Italien, Spanien, Niederlande, Belgien und Luxemburg) zugrunde zu legen. Die Bezüge der EU-Beamten entwickeln sich folglich analog zu den Bezügen der nationalen Beamten in diesen Ländern.
Im Jahr 2010 waren die Nettobezüge der EU-Beamten geringfügig gekürzt worden, da die Erhöhung des Beitrags zur Altersversorgung (von 11,3 Prozent auf 11,6 Prozent) und der Sonderabgabe (von 5,07 Prozent auf 5,5 Prozent) den minimalen Anstieg der Bruttobezüge (0,1 Prozent) aufwogen. (Europäische Kommission: ra)
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