Wettbewerbswidrige Ziele der Kartellmitglieder
Kartellrecht: Europäische Kommission verhängt Geldbußen in Höhe von insgesamt 14,9 Mio. EUR gegen den Broker ICAP wegen Beteiligung an mehreren Kartellen für Yen-Zinsderivate
Zinsderivate (z. B. Forward Rate Agreements, Swaps, Futures und Optionen) sind Finanzprodukte, die von Banken und Unternehmen zur Verwaltung des Zinsrisikos eingesetzt werden
(25.02.15) - Die Europäische Kommission hat gegen das Londoner Finanzunternehmen ICAP Geldbußen in Höhe von 14,9 Mio. EUR verhängt, da die Maklerfirma durch Unterstützung von sechs Kartellen im Bereich der Yen-Zinsderivate (YIRD) gegen die EU-Kartellvorschriften verstoßen hat. Bereits im Dezember 2013 hatte die Kommission im Rahmen von Vergleichsverfahren Geldbußen gegen mehrere Großbanken verhängt.
Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte: "Der […] Beschluss, Geldbußen gegen den Broker ICAP zu verhängen, setzt ein klares Zeichen: Wer Unternehmen bei Kartellaktivitäten unterstützt, muss mit ernsten Folgen rechnen. Unser Kartellverfahren im Bereich der Yen-Zinsderivate ist nun erfolgreich abgeschlossen. Aber wir werden nicht aufhören gegen wettbewerbswidriges Verhalten auf den Finanzmärkten vorzugehen."
Die Kommission hatte im Dezember 2013 Geldbußen in Höhe von insgesamt 669.719.000 EUR gegen die Banken UBS, RBS, Deutsche Bank, Citigroup, JPMorgan und den Broker RP Martin verhängt. Da diese Unternehmen ihre Beteiligung an einem oder mehreren YIRD-Kartellen einräumten, konnten die Fälle durch einen Vergleich beigelegt werden.
Im YIRD-Bereich deckte die Kommission sieben verschiedene bilaterale Zuwiderhandlungen auf, die zwischen 2007 und 2010 stattgefunden und jeweils einen bis 10 Monate gedauert haben. Das wettbewerbswidrige Verhalten betraf Gespräche zwischen Händlern der beteiligten Banken über bestimmte Angaben zu LIBOR-Sätzen für JPY. Auch tauschten die betroffenen Händler gelegentlich wirtschaftlich sensible Informationen zu Handelspositionen oder künftigen LIBOR-Angaben für JPY aus.
ICAP hatte sich gegen ein Vergleichsverfahren entschieden. Daher wurde das normale Verfahren gegen das Unternehmen fortgeführt. Die Untersuchung der Kommission ergab, dass ICAP sechs der sieben Kartelle im YIRD-Bereich unterstützte, und zwar durch Maßnahmen, die dazu beitrugen, die wettbewerbswidrigen Ziele der Kartellmitglieder zu erreichen:
>> Das Unternehmen übermittelte bestimmten JPY-LIBOR-Panel-Banken irreführende Informationen, die als "Prognosen" oder "Erwartungen" für den Satz, auf den der JPY-LIBOR jeweils festgesetzt werden würde, getarnt waren. Die irreführenden Informationen sollten bestimmte JPY-LIBOR-Panel-Banken, die sich nicht an den Zuwiderhandlungen beteiligten, zur Angabe von LIBOR-Sätzen für JPY bewegen, die im Einklang mit diesen angepassten "Prognosen" oder "Erwartungen" standen (Zuwiderhandlungen UBS/RBS 2007, UBS/RBS 2008, UBS/DB 2008-09, Citi/DB 2010 und Citi/UBS 2010).
>> Das Unternehmen nutzte seine Kontakte mit mehreren JPY-LIBOR-Panel-Banken, die ich nicht an den Zuwiderhandlungen beteiligten, um deren LIBOR-Angaben für JPY zu beeinflussen (Zuwiderhandlungen UBS/RBS 2007, Citi/DB 2010 und Citi/UBS 2010).
>> Das Unternehmen diente als Kommunikationskanal zwischen einem Händler der Citigroup und einem Händler der RBS und ermöglichte auf diese Weise die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen dieser Unternehmen (Zuwiderhandlung Citi/RBS 2010).
Folgende Geldbußen wurden gegen ICAP verhängt:
Geldbußen
Die Kommission hat die Geldbußen im Einklang mit ihrer bisherigen Vorgehensweise bei Geldbußen für Unternehmen, die Kartelle unterstützt haben, und der Rechtsprechung des Gerichts der EU und ihrer bisherigen Vorgehensweise als Pauschalbetrag und in Anwendung ihres Ermessensspielraums gemäß Randnummer 37 der Leitlinien zur Festsetzung von Geldbußen von 2006 festgelegt (siehe auch Pressemitteilung und Memo). Die Geldbußen richten sich nach der Schwere, Dauer und Art der Unterstützungsmaßnahmen von ICAP und tragen der erforderlichen ausreichenden Abschreckungswirkung Rechnung.
Hintergrundinformationen zu Zinsderivaten
Zinsderivate (z. B. Forward Rate Agreements, Swaps, Futures und Optionen) sind Finanzprodukte, die von Banken und Unternehmen zur Verwaltung des Zinsrisikos eingesetzt werden. Sie werden weltweit gehandelt und spielen eine Schlüsselrolle in der Weltwirtschaft. Ihr Wert richtet sich nach der Höhe eines Referenzzinssatzes wie z. B. dem LIBOR (London Interbank Offered Rate), der für verschiedene Währungen, so auch für den japanischen Yen (JPY), verwendet wird. Der Referenzzinssatz entspricht dem Durchschnitt aus den Zinssätzen, die von einer Reihe von Banken, die dem entsprechenden Panel angehören, täglich übermittelt werden. Er soll die Kosten von Interbankenkrediten in JPY widerspiegeln und dient als Grundlage für verschiedene Finanzderivate. Im Rahmen von Zinsderivatkontrakten kann die Höhe des Referenzzinssatzes die Geldbeträge, die eine Bank von einem Kontrahenten erhält, oder umgekehrt die Geldbeträge, die sie an den Kontrahenten zahlen muss, beeinflussen.
Schadensersatzklagen
Alle Personen und Unternehmen, die von dem beschriebenen wettbewerbswidrigen Verhalten betroffen sind, können vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf Schadensersatz klagen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und der Kartellverordnung (Verordnung 1/2003 des Rates) gelten Kommissionsbeschlüsse in Gerichtsverfahren vor einzelstaatlichen Gerichten als rechtsgültiger Nachweis dafür, dass das Verhalten stattgefunden hat und rechtswidrig war. Selbst wenn die Kommission gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen verhängt hat, kann Schadensersatz gewährt werden. Die von der Kommission verhängte Geldbuße wird dabei nicht mindernd angerechnet.
Die Richtlinie über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen, die die Mitgliedstaaten bis zum 27. Dezember 2016 in nationales Recht umsetzen müssen, macht es für die Opfer von Kartellrechtsverstößen einfacher, Schadensersatz durchzusetzen. Weitere Informationen zu Schadensersatzklagen sowie einen praktischen Leitfaden zur Quantifizierung des Schadens aufgrund von Kartellrechtsverstößen finden Sie in einem Informationsblatt der Kommission sowie auf ihrer Website. (Europäische Kommission: ra)
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