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Kampf gegen die moderne Sklaverei


EU-Strategie mit 40 neuen Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels
Nach aktuellen Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) beläuft sich die Zahl der Opfer von Zwangsarbeit, einschließlich erzwungener sexueller Ausbeutung, weltweit auf 20,9 Millionen, davon 5,5 Millionen Kinder

(29.06.12) - Hunderttausende fallen jedes Jahr in der EU dem Menschenhandel zum Opfer: Frauen und Männer, schutzbedürftige Jungen und Mädchen, die sexuell oder als Arbeitskräfte, für Organentnahmen, Bettelei, häusliche Dienste, Zwangsheiraten, illegale Adoptionen oder anderweitig ausgebeutet werden. Die Europäische Kommission die EU-Strategie zur Beseitigung des Menschenhandels (2012 bis 2016) angenommen, die eine Reihe konkreter und praktischer Maßnahmen für die nächsten fünf Jahre enthält. So sollen u. a. auf Menschenhandel spezialisierte nationale Strafverfolgungseinheiten eingerichtet und gemeinsame EU-Ermittlungsgruppen zur Verfolgung grenzüberschreitender Fälle gegründet werden.

"Sklaverei findet man leider nicht nur in den Geschichtsbüchern. Es ist erschreckend, dass in unserer heutigen Zeit noch immer Menschen verkauft oder als Zwangsarbeiter oder Zwangsprostituierte gehandelt werden", sagte Cecilia Malmström, EU-Kommissarin für innere Angelegenheiten. "Mit unseren Maßnahmen möchten wir in erster Linie sicherstellen, dass die Opfer Unterstützung erhalten und die Täter zur Rechenschaft gezogen werden. Auch wenn wir noch weit davon entfernt sind: Unser oberstes Ziel muss es sein, dem Menschenhandel definitiv ein Ende zu bereiten."

Neue EU-Strategie

Die Strategie umfasst Präventions- und Schutzmaßnahmen, die Unterstützung der Opfer und die strafrechtliche Verfolgung der Täter. Sie zeigt Maßnahmen in fünf Schwerpunktbereichen auf, u. a.:

>> Einrichtung nationaler Strafverfolgungseinheiten im Bereich Menschenhandel

>> Schaffung gemeinsamer Ermittlungsgruppen und Einbindung von Europol und Eurojust in alle grenzüberschreitenden Fälle von Menschenhandel

>>> Bereitstellung leicht verständlicher Informationen für die Opfer zu ihren Rechten auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten (v. a. zu ihrem Recht auf Unterstützung und medizinische Betreuung sowie auf Aufenthaltserlaubnis und zu ihren Arbeitnehmerrechten)

>> Schaffung eines EU-Mechanismus zur besseren Erkennung und Verweisung sowie zum besseren Schutz und zur besseren Unterstützung der Opfer von Menschenhandel

>> Einrichtung einer Europäischen Unternehmenskoalition zur Bekämpfung des Menschenhandels, um die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und anderen Interessenvertretern zu verbessern

>> Gründung einer EU-Plattform, bestehend aus zivilgesellschaftlichen Organisationen und Diensteanbietern, die in den Mitgliedstaaten sowie in Drittländern im Bereich Opferschutz und -unterstützung tätig sind

>> Unterstützung von Forschungsprojekten, die sich mit dem Internet und sozialen Netzwerken befassen, da diese Instrumente von Menschenhändlern immer häufiger zur Anwerbung genutzt werden

Zahlen und Fakten
Nach aktuellen Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) beläuft sich die Zahl der Opfer von Zwangsarbeit, einschließlich erzwungener sexueller Ausbeutung, weltweit auf 20,9 Millionen (davon 5,5 Millionen Kinder). Europol zufolge werden Kinder, die zu kriminellen Handlungen wie organisierte Bettelei oder Ladendiebstahl gezwungen werden, wie eine Ware für 20.000 EUR feilgeboten.

In den Industrieländern (USA, Kanada, Australien, Japan, Norwegen und EU-Mitgliedstaaten) gibt es schätzungsweise 1,5 Millionen Zwangsarbeiter, was 7 Prozent aller Zwangsarbeiter weltweit entspricht. Die jährlichen Gewinne, die internationale Verbrecherorganisationen weltweit aus dem Menschenhandel erzielen, belaufen sich auf über 25 Milliarden EUR. Zwar stammen viele der Opfer aus Nicht-EU-Staaten, doch scheint der interne Menschenhandel (d. h. EU-Bürger, die innerhalb der EU verschleppt werden) zuzunehmen.

Die von den Mitgliedstaaten auf Ebene der EU gesammelten vorläufigen Daten bestätigen die Erkenntnisse internationaler Organisationen wie UNODC (Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung): Drei Viertel der in den EU-Mitgliedstaaten ermittelten Opfer werden zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung verschleppt (76 Prozent im Jahr 2010). Andere sehen sich Zwangsarbeit (14 Prozent), Bettelei (3 Prozent) oder häuslicher Sklaverei (1 Prozent) ausgesetzt.

Dabei zeigen die vorläufigen Daten für den Zeitraum 2008 bis 2010, dass Frauen und Mädchen mit 79 Prozent (davon 12 Prozent Mädchen) am häufigsten in die Fänge von Menschenhändlern geraten und Männer und Jungen 21 Prozent der Opfer ausmachen (davon 3 Prozent Jungen).

Doch während die Opfer größte Schwierigkeiten haben, ihr Leid zu verarbeiten und sich wieder in die Gesellschaft einzugliedern, landen zu wenige der Täter hinter Gitter: So zeigen die vorläufigen Ergebnisse der jüngsten Erhebungen, dass die Zahl der Verurteilungen wegen Menschenhandel von rund 1500 im Jahr 2008 auf etwa 1250 im Jahr 2010 zurückging. In Europa herrscht Einigkeit darüber, dass etwas getan werden muss: Nach einer aktuellen Erhebung sprechen sich 93 Prozent der Bürger für ein gemeinsames Vorgehen der EU-Mitgliedstaaten im Kampf gegen den Menschenhandel aus.

Hintergrund
Mit der EU-Strategie zur Beseitigung des Menschenhandels (2012-2016) legt die Kommission konkrete Maßnahmen fest, um die EU-Rechtsvorschriften zur Bekämpfung des Menschenhandels (Richtlinie 2011/36/EU) zu unterstützen und zu ergänzen. Die Richtlinie ist bis April 2013 von den Mitgliedstaaten umzusetzen.

Die Maßnahmen der Strategie sind das Ergebnis umfassender Beratungen mit Fachleuten, Regierungen, zivilgesellschaftlichen und internationalen Organisationen, Sozialpartnern und Vertretern des Hochschulbereichs. Sie tragen den wichtigsten Anliegen dieser Interessengruppen sowie den Sichtweisen der Opfer Rechnung und werden die bereits bestehenden Bemühungen ergänzen.

Die Strategie wird nun im Europäischen Parlament und im Rat erörtert. Die Kommission wird die Fortschritte bei der Bekämpfung des Menschenhandels weiterhin bewerten und dem Europäischen Parlament und dem Rat alle zwei Jahre Bericht erstatten. Der erste Bericht, der 2014 vorgelegt werden soll, wird eine Zwischenbewertung der Strategie umfassen. (Europäische Kommission: ra)


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