Mögliche Kartelle in der Automobilindustrie
Kartellverdacht: Europäische Kommission eröffnet Prüfverfahren gegen mutmaßliche Beteiligte an verschiedenen Kartellen von Kabelbaumzulieferern für die Automobilindustrie
Kartellrecht: Im Februar 2010 durchsuchte die Kommission die Räumlichkeiten einer Reihe von Kabelbaumherstellern
(20.08.12) - Die Europäische Kommission hat am 9. August 2012 eine Untersuchung zu mutmaßlichen Kartellen von Zulieferern elektrischer Kabelbäume für Kraftfahrzeuge im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) eingeleitet. Dieses Verfahren ist Teil weitergehender Untersuchungen zu möglichen Kartellen in der Automobilindustrie. Die Einleitung eines Verfahrens bedeutet, dass die Kommission diese Angelegenheit vorrangig behandelt, ohne dem Ergebnis der Untersuchung vorzugreifen.
Im Februar 2010 durchsuchte die Kommission die Räumlichkeiten einer Reihe von Kabelbaumherstellern.
Kabelbäume sind kombinierte Kabelsysteme für Kraftfahrzeuge zur Stromversorgung der elektronischen Fahrzeugkomponenten; sie verbinden die Fahrzeugcomputer mit den jeweils zugehörigen Fahrzeugelementen. Der Kabelbaum wird häufig als "zentrales Nervensystem" des Fahrzeugs bezeichnet. Kabelbaumhersteller sind Zulieferer für die Kraftfahrzeughersteller.
Erhärtet sich der Kartellverdacht, könnte dies einen Verstoß gegen Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Artikel 53 des EWR‑Abkommens darstellen, die Kartelle und wettbewerbsbeschränkende Praktiken verbieten.
Darüber hinaus hat die Kommission vor kurzem unangekündigte Kontrollen in weiteren Segmenten der Fahrzeugteilebranche durchgeführt, da sie die Existenz von Kartellen vermutet. Die Kontrollen erstreckten sich auf die Bereiche "Systeme für die Insassensicherheit", "Wälz- und Gleitlager" und "Thermosysteme".
Hintergrund
Artikel 101 AEUV verbietet Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die den Handel beeinträchtigen und den Wettbewerb verhindern oder einschränken können. Die Durchführung dieser Bestimmung ist in der Kartellrechtsverordnung (Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates) festgelegt, die sowohl von der Kommission als auch von den nationalen Wettbewerbsbehörden der EU‑Mitgliedstaaten angewandt werden kann.
Rechtsgrundlage für die Einleitung des förmlichen Verfahrens durch die Kommission ist Artikel 11 Absatz 6 der Kartellrechtsverordnung.
Nach dieser Bestimmung entfällt mit der Verfahrenseinleitung durch die Kommission die Zuständigkeit der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten für die Anwendung der EU-Wettbewerbsregeln in dieser Sache. Ferner heißt es in Artikel 16 Absatz 1, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten keine Entscheidungen erlassen dürfen, die einer Entscheidung der Kommission in einem von ihr eingeleiteten Verfahren zuwiderlaufen.
Die Kommission hat die Unternehmen und die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten über die Verfahrensleitung in dieser Angelegenheit unterrichtet.
Für den Abschluss der Ermittlungen im Falle wettbewerbswidrigen Verhaltens gibt es keine verbindliche Frist. Die Dauer einer kartellrechtlichen Untersuchung hängt von mehreren Faktoren ab, unter anderem von der Komplexität des jeweiligen Falls, der Bereitschaft des betroffenen Unternehmens zur Zusammenarbeit mit der Kommission sowie der Ausübung der Rechte auf Verteidigung. (Europäische Kommission: ra)
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