eBook-Markt: Kartellrechtliche EU-Untersuchung
Kartellrecht: Europäische Kommission leitet förmliches Prüfverfahren für den Verkauf von E-Büchern ein
Verdacht von Wettbewerbsbeschränkungen: Die Europäische Kommission nimmt Vereinbarungen von Verlagen und Apple im Hinblick auf ihre Rechtskonformität unter die Lupe
(20.12.11) - Die Europäische Kommission wird im Rahmen eines kartellrechtlichen Verfahrens prüfen, ob die internationalen Verlage Hachette Livre (Lagardère Publishing, Frankreich), Harper Collins (News Corp., USA), Simon & Schuster (CBS Corp., USA), Penguin (Pearson Group, Vereinigtes Königreich) und Georg von Holzbrinck (zu der deutschen Verlagsgruppe gehört u. a. Macmillan) - möglicherweise mit Hilfe von Apple - beim Verkauf von E-Büchern im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gegen die kartellrechtlichen Vorschriften der EU verstoßen. Die Einleitung eines Kartellverfahrens bedeutet, dass die Kommission den Fall vorrangig behandelt. Dem Ausgang des Verfahrens wird dadurch nicht vorgegriffen.
Die Kommission wird in erster Linie untersuchen, ob die Verlage und Apple rechtswidrige Vereinbarungen geschlossen oder durch andere Verhaltensweisen Wettbewerbsbeschränkungen in der EU oder im EWR bezweckt oder bewirkt haben. Außerdem prüft die Kommission Art und Konditionen der Handelsvertreterverträge, die die genannten fünf Verlage mit Einzelhändlern für den Absatz von E-Büchern geschlossen haben. Die Kommission hat Bedenken, dass diese Verhaltensweisen gegen die Kartellvorschriften der EU verstoßen könnten, wonach Kartelle und wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen verboten sind (Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV).
Die Dauer einer kartellrechtlichen Untersuchung hängt u. a. davon ab, wie komplex der jeweilige Fall ist und inwieweit die beteiligten Unternehmen mit der Kommission zusammenarbeiten und von ihren Verteidigungsrechten Gebrauch machen.
Hintergrund des Verfahrens für E-Bücher
Die Kommission führte im März 2011 unangekündigte Nachprüfungen in den Geschäftsräumen mehrerer Unternehmen durch, die im Bereich E-Bücher tätig sind.
Die Kommission und die britische Wettbewerbsbehörde (Office of Fair Trading) haben parallel und in enger Abstimmung untersucht, ob Vereinbarungen für den Absatz von E-Büchern gegen die Wettbewerbsvorschriften verstoßen. Vor der Einleitung des Verfahrens durch die Kommission hatte die britische Wettbewerbsbehörde ihre Untersuchung aufgrund von Verwaltungsprioritäten eingestellt. Die Behörde hat einen wesentlichen Beitrag zu den Ermittlungen in der Wettbewerbssache geleistet und wird weiterhin eng mit der Kommission zusammenarbeiten.
Allgemeine Informationen zu Kartellverfahren
Artikel 101 AEUV verbietet Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die den Handel beeinträchtigen und den Wettbewerb verhindern oder einschränken können. Wie diese Bestimmung umzusetzen ist, regelt die Kartellverordnung (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates), die sowohl von der Kommission als auch von den Wettbewerbsbehörden der EU-Mitgliedstaaten angewendet werden kann.
Rechtsgrundlage für die Einleitung des Verfahrens durch die Kommission ist Artikel 11 Absatz 6 der Kartellverordnung.
Danach entfällt die Zuständigkeit der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten für die Anwendung der Artikel 101 und 102 (Verbot der missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung), wenn die Kommission ein Verfahren zu den betreffenden Verhaltensweisen einleitet. Artikel 16 Absatz 1 dieser Verordnung besagt ferner, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten keine Entscheidungen erlassen dürfen, die einem Beschluss zuwiderlaufen, den die Kommission in einem von ihr eingeleiteten Verfahren zu erlassen beabsichtigt.
Die Kommission hat die Unternehmen und die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten von der Einleitung des Verfahrens in dieser Sache unterrichtet. (Europäische Kommission: ra)
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