Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Versorgung der Krankenhäuser mit Arzneimitteln


Kartellrecht: Europäische Kommission gibt Orientierungshilfen zur Zusammenarbeit von Unternehmen bei Produktion von Arzneimitteln
Der Coronavirusausbruch hat einen allgemeinen Versorgungsschock ausgelöst, da Lieferketten unterbrochen wurden und die Nachfrage nach bestimmten Waren und Dienstleistungen, insbesondere im Gesundheitswesen, stark anstieg



Die Europäische Kommission hat eine Mitteilung über einen Befristeten Rahmen für die Prüfung kartellrechtlicher Fragen veröffentlicht. Konkret geht es dabei um die Zusammenarbeit von Unternehmen in Notsituationen, die durch die Coronavirus-Pandemie verursacht wurden. In diesem Zusammenhang hat sie auch eine Bescheinigung ("Comfort Letter") für ein konkretes Kooperationsvorhaben erstellt, mit dem Engpässe bei der Versorgung der Krankenhäuser mit wichtigen Arzneimitteln vermieden werden sollen.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin der Kommission Margrethe Vestager erklärte dazu: "Wir müssen eine ausreichende Versorgung der Krankenhäuser mit Arzneimitteln, die für die Behandlung von Coronaviruspatienten wichtig sind, sicherstellen. Um Engpässe bei unentbehrlichen, knappen Waren und Dienstleistungen zu vermeiden, die aufgrund des beispiellosen Anstiegs der Nachfrage infolge der Pandemie drohen, ist die Zusammenarbeit von Unternehmen im Einklang mit den europäischen Wettbewerbsregeln erforderlich.

Mit Blick auf die Versorgungssicherheit werden wir den Unternehmen schnellstens hinreichende Orientierungshilfen geben bzw. entsprechende Bescheinigungen – sogenannte Comfort Letters – ausstellen, um Kooperationsinitiativen zur Steigerung der Produktion stark nachgefragter Produkte zu fördern. Im angenommen Befristeten Rahmen wird erläutert, in welchen Fällen und wie Unternehmen im Einklang mit unseren Wettbewerbsregeln nähere Erläuterungen oder Comfort Letters erhalten können."

Die Mitteilung über den Befristeten Rahmen
Der Coronavirusausbruch hat einen allgemeinen Versorgungsschock ausgelöst, da Lieferketten unterbrochen wurden und die Nachfrage nach bestimmten Waren und Dienstleistungen, insbesondere im Gesundheitswesen, stark anstieg.

Aufgrund dieser Umstände drohen nun Engpässe bei wichtigen medizinischen Produkten, die sich im weiteren Verlauf der Pandemie verschärfen können. Dies betrifft vor allem Arzneimittel und medizinische Ausrüstung für die Behandlung von Coronaviruspatienten. Durch den Coronavirusausbruch bedingte Versorgungsengpässe können auch außerhalb des Gesundheitswesens bei anderen unentbehrlichen Waren und Dienstleistungen auftreten.

Zur raschen Bewältigung dieser Schocks und Vermeidung von Engpässen kann die zügige Koordinierung zwischen Unternehmen letztlich zum Nutzen der Bürgerinnen und Bürger erforderlich sein, um die Krise zu überwinden oder zumindest ihre Auswirkungen abzufedern. Zu diesem Zweck müssen Unternehmen möglicherweise ihre Produktion so effizient wie möglich umstellen oder hochfahren. Vielleicht müssen sie auch ihre Produktion, Lagerhaltung und möglicherweise den Vertrieb abstimmen, damit sich nicht alle Unternehmen auf ein oder einige wenige Arzneimittel konzentrieren, während andere Arzneimittel nicht in ausreichender Menge produziert werden. Normalerweise würde eine solche Koordinierung gegen das Kartellrecht verstoßen. Vor dem Hintergrund einer Pandemie wie dem Coronavirusausbruch kann eine solche Koordinierung jedoch von großem Nutzen für die Bürger sein.

In der Mitteilung über den Befristeten Rahmen werden die wichtigsten Kriterien erläutert, die die Kommission bei der Prüfung dieser möglichen Kooperationsvorhaben zugrunde legen wird.

Unternehmen müssen selbst prüfen, ob ihre Vereinbarungen und Verhaltensweisen rechtmäßig sind. Angesichts der Ausnahmesituation hat die Kommission jedoch mit Unternehmen und Branchenverbänden Kontakt aufgenommen, um sie bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit ihrer geplanten Zusammenarbeit zu unterstützen und angemessene Vorkehrungen gegen längerfristige Beeinträchtigungen des Wettbewerbs zu treffen.

In den meisten Situationen genügen die mündlichen Erläuterungen, die die Kommission in den letzten Wochen erteilt hat. Gleichwohl ist die Kommission auch bereit, Unternehmen in Ausnahmefällen Bescheinigungen (Comfort Letters) zu konkreten Kooperationsvorhaben zu übermitteln, die rasch in die Wege geleitet werden müssen, um den Coronavirusausbruch wirksam zu bewältigen. Dies gilt insbesondere für Fälle, in denen noch Unklarheit besteht, ob eine solche Initiative mit dem EU-Wettbewerbsrecht vereinbar ist.

Comfort Letters
Die Kommission wendet auch dieses in der Mitteilung beschriebene Verfahren mit der Übermittlung eines Comfort Letters an Medicines for Europe (vormals European Generics Medicines Association, EGA) erstmals an. Die Bescheinigung wird für ein konkretes Projekt der Zusammenarbeit zwischen Arzneimittelherstellern (die zum Teil, aber nicht alle, Mitglieder dieses Verbands sind) ausgestellt, mit dem drohende Engpässe bei Arzneimitteln, die Krankenhäuser dringend für die Behandlung von Coronaviruspatienten benötigen, behoben werden sollen. Der größte Teil der Arzneimittel, die nun schnellstens in großen Mengen geliefert werden müssen, um Engpässe in Krankenhäusern zu vermeiden, wird von Generikaherstellern produziert.

In der gegenwärtigen Lage scheint diese vorübergehende Zusammenarbeit angesichts ihres Ziels kartellrechtlich vertretbar, solange sie nicht enger ist, als der Kommission mitgeteilt wurde. Außerdem wurden hinreichende Vorkehrungen getroffen, um keinen Anlass zu Wettbewerbsbedenken zu geben.

Keine Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht aufgrund der Krise
Gleichzeitig weist die Kommission darauf hin, dass es unter den derzeitigen außergewöhnlichen Umständen wichtiger ist denn je, dass Unternehmen und Verbraucher durch das Wettbewerbsrecht geschützt werden. Die Kommission wird daher alle einschlägigen Marktentwicklungen weiterhin aufmerksam und aktiv verfolgen, um Unternehmen ausfindig zu machen, die die derzeitige Situation ausnutzen und durch wettbewerbswidrige Vereinbarungen oder den Missbrauch ihrer marktbeherrschenden Stellung gegen das EU-Kartellrecht verstoßen.
(Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 19.04.20
Newsletterlauf: 28.07.20



Meldungen: Europäische Kommission

  • Straßenverkehrssicherheit und Luftqualität

    Um die Straßenverkehrssicherheit und die Luftqualität in der gesamten EU zu verbessern, schlägt die Kommission eine umfassende Überarbeitung der EU-Vorschriften für die Straßenverkehrssicherheit und die Zulassung von Fahrzeugen vor.

  • Geldbußen bis zu 500 Mio. Euro

    Die Europäische Kommission hat festgestellt, dass Apple nicht, wie im Gesetz über digitale Märkte vorgeschrieben, seine Einstellungen zur standardmäßigen Weiterleitung aufgehoben hat, und dass Meta gegen die im Gesetz über digitale Märkte vorgeschriebene Verpflichtung verstoßen hat, Verbraucherinnen und Verbraucher einen Dienst wählen zu lassen, bei dem weniger personenbezogene Daten verwendet werden.

  • Wiederherstellung der Rentabilität

    Die Europäische Kommission hat eine Umstrukturierungsbeihilfe in Höhe von 321,2 Mio. EUR, die Deutschland Condor zur Wiederherstellung ihrer Rentabilität gewährt hatte, nach den EU-Beihilfevorschriften genehmigt. Dieser Beschluss trägt dem Urteil des Gerichts vom 8. Mai 2024 Rechnung, mit dem ein vorheriger Kommissionsbeschluss vom Juli 2021 für nichtig erklärt wurde. Die deutsche Charterfluggesellschaft Condor erbringt von ihren Drehkreuzen in Deutschland aus Luftverkehrsdienstleistungen für Privatkunden und Reiseveranstalter, insbesondere im Rahmen von Freizeitreisen. Im September 2019 musste Condor wegen der Abwicklung seiner Muttergesellschaft, des Reisekonzerns Thomas Cook, Insolvenz anmelden.

  • Effizienter Austausch von Fahrzeugdaten

    Auf den Straßen der EU sind nach wie vor unsichere Fahrzeuge präsent. Sie verursachen Abstürze, direkt oder indirekt. Einige Fahrzeugmängel werden noch nicht erkannt, entweder weil sie bei der regelmäßigen technischen Inspektion (PTI) nicht geprüft werden oder weil keine Verpflichtung besteht, das Fahrzeug selbst zu prüfen. Darüber hinaus wurden die derzeitigen Testmethoden nicht an den Fortschritt und die Einführung neuer Technologien wie ADAS-Funktionen (Advanced Driver Assistance) und Elektrofahrzeuge angepasst. Auch die Kontrolle der Luftschadstoff- und Lärmemissionen von Fahrzeugen ist nach wie vor unzureichend, da einige der PTI-Tests nicht empfindlich genug sind, um Emissionen über die für die jüngsten Fahrzeuge geltenden gesetzlichen Grenzwerte hinaus zu erkennen, und die derzeitigen Prüfverfahren nicht geeignet sind, zur Verringerung der Luftverschmutzung (Stickstoffoxidemissionen (NOx)und Nanopartikel) und des Lärms beizutragen.

  • Verbesserung der Resilienz

    Die Europäische Kommission hat beschlossen, mit Gründen versehene Stellungnahmen an 19 Mitgliedstaaten (Bulgarien, Tschechien, Dänemark, Deutschland, Estland, Irland, Spanien, Frankreich, Zypern, Lettland, Luxemburg, Ungarn, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Slowenien, Finnland und Schweden) zu richten, weil diese Länder es versäumt haben, ihr die vollständige Umsetzung der NIS-2-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2022/2555) mitzuteilen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen