Grenzübergreifender Stromhandel
Kartellrecht: Kommission verhängt gegen zwei Energiebörsen in Kartellvergleichsverfahren Geldbußen in Höhe von 5.9 Mio. EUR
"Ohne Strombörsen könnten die Elektrizitätsmärkte nicht effizient funktionieren"
(26.03.14) - Die Europäische Kommission hat gegen die beiden führenden europäischen Spot-Strombörsen EPEX Spot und Nord Pool Spot (NPS) Geldbußen von insgesamt 5.979.000 EUR verhängt, da sie vereinbart hatten, im Europäischen Währungsraum (EWR) hinsichtlich ihrer Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem kurzfristigen Stromhandel nicht miteinander zu konkurrieren. Ein solches Verhalten verstößt gegen EU-Kartellrecht, wonach Kartelle und Absprachen verboten sind. Eine Strombörse ist ein organisierter Markt für Strom. Auf dem Spotmarkt wird Strom kurzfristig gehandelt, d. h. für denselben oder den nächsten Tag. NPS und EPEX wurde jeweils eine Geldbußenermäßigung von 10 Prozent gewährt, da sie einem kartellrechtlichen Vergleichsverfahren zugestimmt hatten.
Der für Wettbewerbspolitik zuständige Vizepräsident der Kommission, Joaquín Almunia, erklärte dazu: "Ohne Strombörsen könnten die Elektrizitätsmärkte nicht effizient funktionieren. In einer Zeit, in der die europäischen Verbraucher besorgt sind über immer höhere Stromrechnungen, bin ich besonders zufrieden darüber, dass wir der von EPEX und Nord Pool Spot abgesprochenen Marktaufteilung ein Ende setzen konnten." (siehe auch statement)
Die Zuwiderhandlung erfolgte im Rahmen der Diskussionen über die Errichtung eines Energiebinnenmarktes, in dem auf Initiative der Kommission alle nationalen Strommärkte zu einem großen integriertern Strommarkt zusammengefasst werden sollen. In Gesprächen über ein mögliches gemeinsames Konzept für die technischen Systeme, die für den grenzübergreifenden Stromhandel eingesetzt werden sollten, vereinbarten EPEX und NPS außerdem, nicht miteinander in Wettbewerb zu treten und europäische Gebiete untereinander aufzuteilen. Diese Absprachen gingen weit über den legitimen Zweck der Zusammenarbeit zur Schaffung eines Energiebinnenmarktes hinaus. Die Unternehmen haben damit eindeutig gegen das Kartellverbot nach Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und nach Artikel 53 des EWR-Abkommens verstoßen. Sie begingen diese Zuwiderhandlung von sich aus und auf eigenes Risiko.
Die Zuwiderhandlung dauerte sieben Monate (2011-2012) und endete, als die Kommission und die EFTA-Überwachungsbehörde unangekündigte Nachprüfungen in den Geschäftsräumen der Unternehmen vornahmen. Die wettbewerbswidrigen Kontakte erfolgten in Form von persönlichen Treffen, Telefon- und Videogesprächen sowie E-Mails.
Geldbußen
Die Geldbußen wurden nach den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen (2006) festgesetzt.
Bei der Festsetzung der Geldbußen trug die Kommission den Umsatzzahlen der beteiligten Unternehmen für die entsprechenden Dienstleistungen im EWR, der besonderen Schwere des Verstoßes, der geografischen Reichweite des Kartells sowie seiner Dauer Rechnung. Gemäß der Mitteilung über Vergleichsverfahren dürfen die Geldbußen vor der Ermäßigung 10 Prozent des jährlichen weltweiten Gesamtumsatzes der Unternehmen nicht überschreiten. Im Einklang mit der Mitteilung über die Durchführung von Vergleichsverfahren (2008) minderte die Kommission die Geldbußen der beteiligten Unternehmen um 10 Prozent, da diese ihre Beteiligung an der Zuwiderhandlung einräumten und die Haftbarkeit dafür anerkannten. Dank des Vergleichsverfahrens konnte die Kartelluntersuchung innerhalb von zwei Jahren nach den unangekündigten Nachprüfungen im Februar 2012 abgeschlossen werden.
Es wurden folgende Geldbußen verhängt:
NPS (Norwegen): 2.328.000 Euro
EPEX (Frankreich): 3.651.000 Euro
Außerdem hat die Kommission einen Beschluss zur rumänischen Strombörse OPCOM angenommen.
Hintergrund
Strombörsen spielen eine wichtige Rolle für die Bereitstellung öffentlicher Preisinformationen. Nur so kann für transparente und zuverlässige Strompreise auf dem Groß- und dem Einzelhandelsmarkt gesorgt werden. Die Ermittlungen der Kommission begannen mit unangemeldeten Nachprüfungen im Februar 2012.
Weitere Informationen werden unter der Nummer der Wettbewerbssache 39952 im öffentlich zugänglichen Register auf der Internetseite der GD Wettbewerb veröffentlicht. Über neue Beschlüsse im Bereich Wettbewerbspolitik informiert der elektronische Newsletter Competition weekly news summary. Weitere Informationen über die Maßnahmen der Kommission gegen Kartelle finden sich auf ihrer Internetseite unter der Rubrik Cartels.
Das Vergleichsverfahren
Der Beschluss ist der elfte Vergleichsbeschluss seit der Einführung der Vergleichsverfahren für Kartelle im Juni 2008. Das Vergleichsverfahren stützt sich auf die Kartellverordnung (Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates) und gestattet der Kommission den Rückgriff auf ein vereinfachtes Verfahren, wenn die Unternehmen ihre Beteiligung an der Zuwiderhandlung einräumen und ihre Haftbarkeit dafür anerkennen. Dadurch verkürzt sich die Dauer der Ermittlungen. Dies kommt sowohl den Verbrauchern als auch den Steuerzahlern zugute, da Kosten eingespart werden. Auch die Durchsetzung des Kartellrechts profitiert davon, da die Ressourcen auf andere Verdachtsfälle verwendet werden können. Nicht zuletzt haben auch die Unternehmen etwas davon, da die Entscheidungen schneller fallen und ihre Geldbußen um 10 Prozent gesenkt werden.
Zuvor hatte die Kommission Vergleiche mit Kartellbeteiligten in den Bereichen DRAMs, Futterphosphate, Waschpulver, Glas für Kathodenstrahlröhren, Kühlkompressoren, Water-Management-Produkte, Kabelbäume sowie Euro- und Yen-Zinsderivate erzielt.
Schadensersatzklagen
Alle Personen und Unternehmen, die von dem beschriebenen wettbewerbswidrigen Verhalten betroffen sind, können vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf Schadensersatz klagen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs und der Kartellverordnung sind Kommissionsbeschlüsse ein bindender Nachweis dafür, dass das Verhalten stattgefunden hat und rechtswidrig war. Selbst wenn die Kommission gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen verhängt hat, kann Schadensersatz gewährt werden. Die von der Kommission verhängte Geldbuße wird dabei nicht mindernd angerechnet.
Im Juni 2013 hat die Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie erlassen, um Opfern wettbewerbswidriger Praktiken die Erlangung von Schadensersatz zu erleichtern. Weitere Informationen zu Schadensersatzklagen sowie einen praktischen Leitfaden zur Quantifizierung des Schadens aufgrund von Kartellrechtsverstößen, die öffentliche Konsultation und eine Bürgerinfo finden Sie unter:
http://ec.europa.eu/competition/antitrust/actionsdamages/documents.html
(Europäische Kommission: ra)
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